belledejour
 

 
Freitag, 30. Januar 2004

Kann man guten Sex haben, wenn man betrunken war? Aber hallo, kann man das. Es kommt am Ende ja nur darauf an, an was man sich erinnert, was man selber geil fand. Es gibt so Momente, da kann der Kerl sich noch so über mir anstrengen, oder noch so mit letzter Kraft seinen Kopf zwischen meinen Beinen einsetzen. Wenn ich betrunken UND müde bin, kann er das vergessen. Wenn ich betrunken, aber noch nicht völlig müde bin, kann es nett sein, solange er nicht "Antje, das Walross" zwischen meinen Beinen spielt und, vulgo versucht, den Beckenrand zu erklimmen. Ich gebe zu, das dass extrem von meiner Laune abhängt, wie ich das bewerte. Aber bitte, ich bin nicht die Stiftung Warentest.

Ich hatte extrem geilen Sex, wenn ich betrunken war. Meistens immer dann, wenn der Mensch in meinem Bett etwas getan hat, mit dem ich absolut nicht gerechnet habe. Manchmal war es nur die Nummer, dass er weiter aus sich heraus gegangen ist, als ich es jemals für möglich gehalten habe. Wie der eine, der plötzlich wollte, dass ich mich auf sein Gesicht setze, bis er rot im Gesicht wurde. Hatte ich vorher noch nie gemacht, war plötzlich da und erweckte mein Interesse. Hätte er mich danach gefragt, als ich noch nüchtern war, hätte ich ihn rausgeworfen. So aber fand ich die plötzliche Manifestation von Macht und Lust einfach nur geil. Das war so ein Moment, den ich weiter getragen habe. Ich hab ihn in mein Herz geschlossen (den Moment, nicht den Kerl) und wenn ich gut drauf bin, dann will ich ihn rekapitulieren. Ich hab den Moment der Lust in meinem Herzen eingefroren, und ich bin froh, wenn ich ihn wieder auftauen darf. Das gilt nicht nur für diesen Moment. Da gab es einige Momente im Bett, die so waren, die mich innerhalb von Sekundenbruchteilen weiter katapultiert haben, als es 20 Jahren einfacher Sex vermögen könnte. Evolutionsbiologen mögen das als "crucial moment" einer Spezies definieren. Für mich waren es "crucial moments" meines Sexuallebens. Genauso wie die erste Penetration, eröffneten sich in anderen Momenten plötzlich Horizonte, denen man vorher nicht gewahr war. Und ja, da war häufig Alkohol oder andere Drogen im Spiel. Ohne sie hätte ich manche Dinge nie gewagt. Und Literatur im übrigen auch. Es gibt da einen Roman von Harold Robbins, wo eine Frau einem Schwarzen einen bläst, nicht ohne seinen Schwanz vorher ordentlich mit Koks zu bestäuben. Ich hab mich immer gefragt: "Worum geht’s der Frau eigentlich? Dem Nigger einen zu blasen, oder dass Koks auf nette Weise zu bekommen, um den eigenen Kick zu bekommen?" Ich hab’s dann irgendwann mal ausprobiert und - sorry Jungs - es ging mir ums Koks und um die Erfüllung eines literarischen Traumes. Und bevor jemand fragt: Ja, Schwarze haben oft den größeren Schwanz, aber sie wissen genauso oft nix damit anzufangen. Aber das Thema vertief ich jetzt nicht, nach fast zwei Flaschen Wein.
Wo war ich - ach ja - Sex und Alk. Manchmal wäre ich froh gewesen, wenn ich betrunken gewesen wäre. Manchmal hätte ich gar nicht so schnell und soviel trinken können, um das Elend zu beenden. Sicher, persönliche Meinung. Manch meiner Liebhaber, die ich am liebsten während des Aktes von mir gestoßen hätte, haben anderen Frauen ekstatische Genüsse bereitet. Kommt halt nur auf die Herausforderung an.
Und die Herausforderung sind häufig nur die eigenen Träume. Das, was sich zwischen den Händen und meinen Beine abspielt wird plötzlich Wahrheit. In einem Moment vollkommener Wahrheit fließen die Dinge plötzlich wie heißer Stahl ineinander. Einmalige Momente völliger Offenheit. Was danach folgt ist häufig nur das krampfhafte wieder herbringen von Erinnerungen.
Und deswegen ist Sex auf Alk so geil. Es gibt kein vorher, es gibt kein nachher. Es gibt nur Finger, die sich an verbotene Stelle wagen, Zungen, die letzte Tabus brechen und Lust, die sich nicht darum schert, was morgen ist, weil nur der Sekundenbruchteil zählt. Da biegen sich Rücken, da öffnen sich Ängste, da offenbaren sich Wahrheiten. Für einen Wimpernschlag, für wenige Atemzüge ist alles klar und offen, und man kann die Lust mit der gleichen kindlichen Lust greifen, mit der man früher in den Sand gegriffen hat. Man weiß, das dass Gefühl des warmen, rinnenden Sandes zwischen den Fingerspitzen nur einen winzigen Moment im Leben bedeutet, aber man weiß auch, dass man sich ewig daran erinnern wird, ganz tief hinten.

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