belledejour
 

 
Dienstag, 27. Januar 2004

Da unten in den Kommentaren wird über das Für und Wider von jüngeren Liebhabern diskutiert. Meine Meinung ist da klar: Ab 30 sind sie brauchbar, Ausnahmen bestätigen die Regel, weisen aber zumeist auf einen eher narzisstisch veranlagten Menschen hin. Ich glaube, es war Madonna, die mal über junge Kerle im Bett sagte: "Sie wissen nicht was sie tun, aber sie tun es die ganze Nacht."

Das mag stimmen, und für Frauen, die darauf stehen, von einer Nähmaschine durchs Bett getrieben zu werden, die am Ende in die Hände klatscht und "Nochmal" jammert, ist das sicher ok. Mir ist das zu anstrengend, mal davon abgesehen, dass Männer zwischen 18 und 25 gerne ihre neuerworbenen Kenntnisse aus dem Orion Buch "234 Stellungen für ein erfülltes Liebesleben" ausprobieren wollen. Gerade eben meinte man, die Knoterei habe mal für 10 Minuten ein Ende, kommt ein "Lass uns dass mal so ausprobieren" und man findet sich mit verbogenem Hals in einer Stellung wieder, über deren Außenansicht man sich lieber keine Gedanken machen will, weil man sonst Lachanfälle bekommt, oder darüber nachdenkt, was die Mutter dazu sagen würde, wenn sie jetzt reinkommen würde. Ist man bei diesem Gedanken, landet man auch schnell bei den noch nicht beantworteten Emails. Was die Mutter angeht, weiß ich übrings wovon ich rede. Während sich Freundinnen allerhöchstens in der Reiterstellung ertappen ließen, musste ich mich natürlich von einem Freund in 20 Meter Seil wickeln lassen, und als meine Mutter reinkam, befand ich mich in einer anatomisch anstrengenden Stellung während die Vibratoren leise summten und ich mich bemühte mich nicht zu verschlucken. Ich durfte lange keinen Besuch mehr empfangen.

Meine Liebhaber und Freunde waren immer einen Tick älter. Nicht zu sehr, aber doch die paar Jahre Unterschied, die einen merken ließen, dass da jemand schon sein Handwerk gelernt hat und die ersten Fauxpas woanders erfolgt waren. So lernt man was dazu, und muss sich nicht mit einem rumschlagen, der vor lauter Unsicherheit, ob man nun dieses oder jenes mag, hektische Flecken im Gesicht bekommt und alle zwei Minuten mit "Ist das ok für dich?" nervt. Wie soll man sich konzentrieren, wenn man dauernd was gefragt wird. Wie soll man sich das "Wenn du die Schnauze halten würdest, wäre es nur halb so schlimm" verkneifen.

Nein, meine Präferenz war schnell klar, auch wenn es natürlich ein paar Nachteile gibt. So habe ich folgendes festgestellt: Je älter der Liebhaber ist, desto schneller schläft er nach dem Spaß ein. Junge Männer reagieren nach dem Sex am Anfang wie hyperventilierende Geckos, aber haben sie die 30 überschritten wird langsam aber sicher ein alternder Löwe draus. Ich denke, das ist ok und muss man verstehen. Während wir uns einmal im Monat, in einem langen Prozess dazu hinreißen lassen, energiesparend ein Ei schlüpfen zu lassen (wir würden in jeder Legebatterie sofort ausgemustert) müssen Männer den ganzen Tag, von morgens bis abends, ja selbst wenn sie schlafen, Milliarden von Samen basteln, die sich auch noch bewegen und genetisch perfekt codiert sein müssen, während sich unsere Gene gemächlich durch die Eierstöcke schaukeln lassen. Ich will jetzt hier keine Diskussion über Qualität und Quantität vom Zaun brechen, sondern nur darauf hinweisen, dass solch energiereiche Körperfunktionen, inkl. der zumeist deutlichen Mehrarbeit im Bett mit steigendem Alter eben auch längere Regenerationsphasen benötigen.
Gut, abrollen, einschlafen geht auch nicht. Ich will zumindest den Hauch eines Nachspiels, der anderen Haut und eine Zigarette. Dann kann er schlafen. Ich finde das zumeist entweder praktisch, oder süß. Praktisch, weil man in Ruhe durchs Nachtprogramm zappen, noch was Essen, vielleicht die Mails beantworten kann. Süß, weil es immer schön ist, den erschöpften Liebhaber beim sanften Einschlafen zu beobachten. Zu sehen, wie sich der Brustkorb hebt und senkt, wie er schutzlos ist für diesen Moment. Zudem kann man dann, wenn der Liebhaber neu ist, die Sachen sagen, die man sich sonst nicht traut. Zum Beispiel, wie toll man ihn findet, wie nett er ist, wie sehr man ihn mag.

Junge Liebhaber nerven nach dem Sex. Sie wollen oft "noch was machen" oder haben auch Hunger, oder wollen reden, oder fangen an die CD Sammlung auseinander zu nehmen, oder erzählen von der letzten Beziehung, oder, wenn es schlimm kommt, fragen sie wie es war. So was machen Liebhaber mit Erfahrung nicht. Die merken so was und verändern beim nächsten Mal ungefragt die Taktik. Man muss mit ihnen auch nicht darüber diskutieren, was man mag, und was nicht. Sie verstehen leise Gesten und Bewegungen und sagen nicht mitten drin "Wie jetzt?"

Ich denke, ich bleibe bei Liebhabern um die Dreißig. Wenn ich älter werde, könnte das zwar zu einem Problem werden, aber dann weiß keiner mehr, was ich hier geschrieben habe.

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