belledejour
 

 

U-Bahn oder Bus fahren gehört ja nicht unbedingt zu den netten Dingen im Leben. Vielleicht bin ich da auch schon ein Misantroph. Aber was will man im Winter machen, wenn es für das Fahrrad und den Motorroller zu kalt, der Weg zur Arbeit zu Fuß zu lang aber für das Auto zu kurz ist. Mal abgesehen vom Parkplatzproblem hier und vor meiner Firma. Also - was macht man da? Man stellt sich zwischen andere Menschen und fährt mit den Öffentlichen.

Hübsch, so ein Trip mit seinen Mitmenschen. Da rotzt sich einer die Seele aus dem Leib und man kann die Virenklümpchen schon fast in der Luft sehen und vertraut sehr fest auf sein Immunsystem, dass man am Wochenende auch ausgiebigst gepflegt hat (Massage, Sauna, Dampfbad, Schwimmen, Sex, Massage, Essen, Sex, Dampfbad, Schwimmen, Schlafen in zwangloser Reihenfolge). Man schaut von schräg unten in laufende Nasen und lernt schnell die Menschen in Knüller und Falter ein zu teilen. Knüller ziehen meist aus einer Jackentasche eine Art Papierkugel heraus, die sich nach einer schniefenden Zeit als vormals stolzes Produkt der Taschentuchindustrie entpuppt. Es wird nach einer freien, nicht zu gerotzten Stelle, bzw, noch nicht hart gewordenen Stelle, gesucht und ab gehts. Knüller tragen bequeme Kleidung, kurze Jacken oder Daunenjacken, haben eine Mütze auf dem Kopf und Turnschuhe an.
Falter haben entweder ein einmal, höchstens zweimal benutztes Taschentuch dabei, das fast aussieht wie neu. Oft ist es sogar aus Stoff. Sie tragen korrekte Bürokleidung, haben einen Mantel an (gerne dunkler Stoff) und einen Schal um. In der U-Bahn sind mit Falter natürlich die lieberen Zeitgenossen, auch wenn ich der festen Überzeugung, dass sie den schlechteren Sex haben, bzw. abliefern. Im Bett sind mir schlamperte Genies tausendmal lieber, als überkorrekte Serviettenbügler, denen man erst mal den Kleiderbügel aus der Hose nehmen und erklären muss, dass man nicht für jeden Mist eine formale Stellungnahme abgibt.

Da stellt sich mir sowieso immer die Frage: Was haben diese Männer für Frauen im Haus? Überhaupt keine? Eine Dame, die nach ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau dem Herrn bei einer Weihnachtsfeier näher gekommen ist, um dann bald darauf schwanger zu werden? Wie ist das bei denen morgens? Das Kind still am Frühstückstisch, der Mann hinter der Zeitung vergraben. Noch ein Toast? Keine Erdbeermarmelade mehr da? Entschuldigung. Wir haben heute wieder Schwimmunterricht. Wie kann man den Kindern im Winter nur Schwimmunterricht geben. Ach, das wird schon seine Richtigkeit haben, so eine Erkältung schwächt ja nicht. Sei bitte pünktlich heute Abend, ich habe das Treffen meiner Frauengruppe, der Kleine kann nicht alleine bleiben. Und im Hintergrund läuft RTL 104,6. Dann geht er, zieht seinen Mantel an. Nimm einen Schal, Du bist schon leicht erkältet. Jaja. Bis dann.

Solche Gedanken hat man auch nur, wenn man mit Wärme aufgepumpt vor lauter Glückseligkeit morgens den Ipod zu Hause liegen läßt, um die Umwelt an Coldplay sterben zu lassen.

Montag, 8. Dezember 2003, 17:26, von anne | |comment

 
Oder
wenn man halt so echt voll - très chic - der "Misantrof" ist. Zwischen all den Massemenschen, hach!

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Glück gehabt
was? Wenn Deine Mutter so drauf gewesen wäre, wie Du, dann könntest Du jetzt nicht Deine pubertären Erlebnisse zum Besten geben, weil es wohl mit der Geburt nichts geworden wäre.

Im übrigen, diese Art der menschenverachtenden Kritik an den "normalen" Menschen, teilst Du mit Me.... Habt ihr noch mehr Gemeinsamkeiten? Was machst Du eigentlich in "deiner Firma"? Sekretärin?

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aber, aber!
wer wird denn?

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Süßer Kommentar irgendwie.
Selbst wenn ich glücklich bin, kann ich die Welt zum Kotzen finden und die Menschheit gleich mit. Und das ist gut so.

Man kann deine Bärchensocken sehen, weil du wieder eine zu kurze Hose trägst, hella!

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Am schlimmsten
sind Leute, die anhand ihrer eigenen Durchschnittlichkeit zur Auflage machen, dass über Durchschnittlichkeit bitte nicht geschrieben werden möge. Zumindest nicht in einer Ästhetik jenseits der verordneten Sozialkuschelei.

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What about Mummy Cool?
Und wenn man "in dieser Ästhetik" [I´m Amica, and I´m baaad] schreibt, hebt einen das natürlich sogleich weit über jede Durchschnittlichkeit hinaus. Was solls, der eine trägt halt Bärchensocken, die andere stickt sich Totenköpfchen hinein, aber hallo!

immo, wer hat Ihnen eigentlich Sozialkuschelei verordnet?

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What about literature?
Man kann sich auch anstellen und Dinge lesen wollen, die eigentlich nicht zu lesen sind.

In diesem Sinne.

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... und zwar - so laut es geht -

but give me love over...
love over...
love ohover this...

aahaa- aaaaaaaaa - aaaaaaaaa
aaaaaaaah.

and give me love over...
love over...
love ohover this...

aahaa- aaaaaaaaa - aaaaaaaaa
aaaaaaaah.

und dann losrocken, im bus, innerlich, während alle unbeteiligt da sitzen und nicht mal AHNEN was in einem abläuft.

zauberhaft.

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Bitterböse und brilliant..
der Spiegel der da vorgehalten wird :-)

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Ich bin ein Knüller!
Das klingt ohne Bezug schon ziemlich überheblich. Aber irgendwie auch gut...

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Stoffknüller
Es gibt auch die Vereinigung beider Prinzipien. Die Stoffknüller. Dazu gehöre ich. Erklären läßt sich das durch die Anwesenheit einer 93jährigen Großtante, die vor kurzem eine Packung nigelnagelneuer (und trotzdem höchstwahrscheinlich schon 30 Jahre alter) Stofftaschentücher in ihrem Fundus entdeckt hat un diese ihrem geliebten Großneffen nicht vorenthalten wollte. Dieser Neffe, immer wieder bemüht einen Trend einzuleiten und außerdem zu vergesslich, um einen beruhigenden Vorrat an Papiertaschentüchern im Haus zu haben, verstaut seitdem seinen Naseninhalt in Stofftaschentüchern. Doch zum Falten bin ich wiederum zu faul (außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass es jemand bei einem ordentlichen Schnupfen, schafft, sein Taschentuch zu falten, ohne seine Umwelt oder sich selbst zu benetzen. Darum wird geknüllt. Ich weiß selber, dass das genauso eklig ist. Aber dafür ist man doch ein Mann, oder?

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