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Sonntag, 24. Februar 2008

Wenn Rome wieder da ist...

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Samstag, 10. Juli 2004

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Samstag, 26. Juni 2004

Wenn ich etwas überhaupt nicht leiden kann, dann sind das Männer, die dumm vor sich hinbrabeln, wenn ich ihnen einen blase. "Oh, Baby, nimm ihn richtig tief rein" und "Du machst das so geil". Das geht gar nicht. Das klingt ein wenig so, als wenn einer am Trafo seiner Modelleisenbahn spielt. Hallo? Das ist jetzt zwar keine Dienstleistung, weil ich das ja nun nicht machen würde, wenn es keinen Kick gäbe, aber ich bin deswegen kein sprachgesteuerter Duracell Hase.

Das ist sowieso so eine Sache, mit dem Blowjob. Meinen ersten habe ich auf der Kellerparty eines Schulkollegen gesehen, die dann irgendwann ausartete, und das richtig. Wir waren die übriggebliebenen, morgens um zwei. Der Kollege mit seiner Freundin, ich mit meinem Freund, und es gab Gin Galore, und man verbrachte den Abend in dem Wechselspiel von betrunken sein und wieder nüchtern werden. Angeschlagen waren wir, warum auch nicht, es war Sommer, die schwarzen Augen der Nacht waren außerhalb der Mauern des Kellers, ein abgeschlossenes Universum gefüllt mit Zigarettenqualm und wahrer Liebe, denn geliebt haben wir damals ja noch mit Haut und Haaren. Mein Freund ein wenig schüchtern. Außen Armani Pullover, innen nicht entschieden, ob er nun die Earth, Wind & Fire oder doch die Clash gut finden sollte. Ich war natürlich für Clash, weil die Bassläufe mich antrieben, weil ich auch meine Seele so rausrotzen wollte, jedem vor die Füße, und wenn möglich sollten sie auf der Lache auch noch ausrutschen. Das ich mit jemanden zusammen war, der Earth, Wind & Fire gerne hörte ging mir gegen den Strich, aber er war der mit dem Mofa, eine Yamaha, er hatte dieses Lächeln und diese Unbeholfenheit, wenn man ihm nahe kam. Mit 16 findet man das toll, dann vermutet man einen ganzen Kosmos dahinter, und der reicht von der Flucht auf dem Mofa nach St. Marie de la Mer bis hin zum Ficken. Am besten beides zusammen. Unser Sex war geprägt von Langsamkeit, von zelebriertem Ausziehen, von zögernden Händen, von Stille und einem langsamen Kampf um die Oberhand. Eben die Zeit, in der man da liegt, und der Kerl einem zwei Stunden lang die Stelle zwischen Nieren und Arschansatz streichelt ohne auch nur einen Millimeter weiter zu kommen, während man schon die Hand zwischen der Spalte zwischen Hintern und Möse imaginiert und sich fragt, wann er denn endlich mal da hin kommt. Auf jeden Fall hatte ich ihm noch keinen geblasen. Ich wusste wohl, was das ist, aber der Gedanke, seinen Schwanz in die Hand zu nehmen, ihn in meinen Mund zu führen war ungefähr so erotisch, wie an einem Kuhfladen zu lecken.

Dann lief der Porno. Ein Porno aus den 80ern, also einer, wo die Frauen Frisuren wie eine aufgeplatzte Sofaecke hatten, Neonohrringe und einen Lidstrich out of hell. Und dann beugt sich die Frau über den Schwanz und ich höre wohl das wohlige Stöhnen, aber ich sehe nur die Neonohrringe, die sich rhythmisch mit ihrem Kopf bewegen und an die Haut der Hoden schlagen, während sich die Außenwelleföhnfrisur langsam auflöst. Mein Freund hat eine Erektion, das ist der Nachteil von teuren Bundfaltenhosen und labbrigen Boxershorts, aber ich weiß nicht, ob er die Erektion nun wegen des Pornos so allgemein, oder wegen des Blowjobs hat. Der Partywerfer, überings jetzt erster BMW Verkäufer am Platze, kichert und sagt "Wie geil", während sie ihm die Eier leckt und seine blöde Freundin, überings jetzt gescheiterte Lampenboutiqueinhaberin, alleinstehend, quietscht wie ein kleines Ferkel und greift ihm ungeniert zwischen die Beine. Ein halbe Stunde später hängt sie mit ihrem Kopf dazwischen und der Partymensch stöhnt sehr laut, und sie bewegt ihren Kopf und ihre Hand so, als ob sie ein mit ihrem Fäustchen auf ihn eintrommelt, während mein Freund seine Hand in meine ungeöffnete Hose zwängt, so wie sich eine Ratte durch ein Loch drückt und ich das alles widerlich finde, weil ich nicht sehen will, wie die beiden es da drüben treiben, wie sich die Hände verschränken und wie ich Zeuge ihrer Intimität werde. Aber dann ist da wieder der Trotz in mir. Das Gefühl, dass ich einen drauf setzen muss. Das ich geiler, fertiger, weiter bin, als die anderen. Also nehme ich seinen Schwanz aus der Hose und mache genau das, was ich gerade gesehen habe. Ich stoße mir seinen Schwanz tief in meine Mund rein, und bekomme erst mal keine Luft, muss würgen, war ja klar. Die blöde Schlampe drüben lacht, ich denke wart`s ab, und bearbeite das Stück Fleisch in meinem Mund. Mehr ist es nicht. Es ist mir auch völlig wurscht, wer da dranhängt, ich will das er kommt, und ich will, dass er in meinem Mund kommt. Den Geschmack seines Spermas kenne ich ja schon, er ist mal auf mir gekommen, ich bin danach ins Bad gegangen und hab mit dem Finger sein Sperma abgewischt und es mir in den Mund gesteckt, weil ich wissen wollte, wie das schmeckt. Aber diesmal ist das anders, denn das, was in meinem Mund reinschießt ist heiß und es hört vor allem nicht auf. Die zukünftige BMW Verkäufer macht aber große Augen. Gewonnen.

Der erste Blowjob auf einem Klo war auf Koks. Denn ich wusste mittlerweile wo die Macht hängt. Aber das war so ein Typ, einer der nur von sich sprach, ohne den dies oder das ja gar nicht in der Firma gehen würde, denn er war ja der "Schecker", der alles in der Hand hatte, auch wegen seiner Kontakte nach oben, und ich war 21 und geil auf Koks, vor allem geil auf Koks, und es machte mir nichts mehr aus, denn ich wusste, wann einer soweit war. Dass kann man spüren, wenn die Adern am Schwanz dick werden und pulsieren, also nahm ich ihn raus, und er spritze knapp an meinen Haaren vorbei ins Nichts und er sagte nichts, außer "Huuuuh", und dann wollte er mich lecken, aber ich hab ihn ausgelacht. Denn Koks nehmen und einen Blowjob ist eine Sache, eine fremde Zunge zwischen den Beinen eine andere. Ich mochte damals wahllos sein, aber nicht blöd. Aber er war nicht unangenehm, ein netter, der sich nach dem Blowjob verbunden fühlte, was gut machen wollte, aber nicht dumm redete, wie eben der andere Typ neulich, mit seinem "Ahh, leck richtig" und "Ja, schön tief", während sich seine Hand in meinem Nacken grub, um den Rhythmus zu bestimmen, aber den Rhythmus, den bestimme immer noch ich, und deswegen hab ich aufgehört, ihn angeschaut und gesagt "Fick mich" weil ich genau wusste, dass er es keine zwei Minuten in meiner Möse aushalten würden, wenn ich ein wenig mit den Muskeln spiele, und dann war es genau so und das geile ist ja dann, dass man merkt, dass man es in Hand hat, und dass das manchmal viel geiler ist, als selber zu kommen, dass es die Wurmhaftigkeit des anderen ist, die man quasi zwischen den Schenkeln hat, dass man am Ende bestätigt ist, auch wenn man gleichzeitig an seiner eigenen Klischeehaftigkeit kleben bleibt, weil es doch so leicht ist, jemanden kommen zu lassen. Das ist es wirklich, auch bei mir, da muss mir nur einer um den Hals fassen, leicht zudrücken, vielleicht auch mal etwas mehr, da brauche ich keinen Schwanz zwischen meinen Beinen, weil der Reiz da oben schon völlig ausreicht und mich alles andere nur irritiert. Dabei war er gar nicht so blöd, der Kerl, und ich hab ihm gerne einen geblasen, wenn da nicht die Worte gewesen wären, die alles über den Horizont geschossen haben.

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Dienstag, 15. Juni 2004

Jesses. Da schau ich mangels Arbeit hier mal in mein Blog, und dann das. Mit einem Gänseblümchen bin ich das letzte Mal vielleicht mit sieben verglichen worden. Ich muss wohl wieder dringend an meinem Image arbeiten. Demnächst bieten mir junge Männer ihren Platz in der Ubahn an. Apropos junge Männer: Gestern saß ich da draußen, wo alle in P-berg sitzen und mir gegenüber ein netter Mensch, vielleicht 20 oder so, in so halblangen weiten Hosen, lustigem T-Shirt und rundum Tätowierung am hübschen Oberarm. Ach, dachte ich. Und er starrte mir auf die Brüste. Ach, ach dachte ich, wie angenehm, da war doch was. Aber dann realisierte ich, dass er gar nicht auf meine Brüste, sondern genau dazwischen starrte. Da wo sich dank Pushup, diverser Cremes, Sonneneinstrahlung und Alter, teils hübsche, teils weniger hübsche Falten bilden können. Ein lang gezogenes "Ooooookayyy" ging mir durch den Kopf, so einen hatte ich schon mal, der immer mit seinem Schwanz vor meinem Gesicht und vor allem zwischen meinen Brüsten rumgewedelt hat. Er stand völlig drauf, zwischen meinen Brüsten zu kommen und irgendwann war mir dann auch klar, dass er ausschließlich darauf stand und alles andere (Knutschen, Fummeln, schnöder, klassischer Sex mit Penetration) ihm eine Last war, ein in Kauf genommener Hindernissparcour um am Ende die geliebte Stelle wieder aufsuchen zu können. Mal finde ich so was ja lustig, aber wenn man das Gefühl bekommt, dass man letztlich nur das Anhängsel für eine Brustfalte ist, dann kommt man sich schon ein kleines bisschen blöd vor. Erinnert mich an Karl Kraus, der mal sinngemäß sagte, wie schlimm es doch die Fußfetischisten haben würden, müssen sie doch die Frau, die an dem Fuß dranhängt, aushalten.
Das muss schlimm sein, so ein extremer Fetisch. Ich bin, was meine Fetische angeht, ja relativ einfach. Wie bei einem Büffet mag ich von allem etwas. Mal mehr das eine, mal mehr das andere, aber eine Festlegung gibt es bei mir bisher nicht. Das macht die Wahl des Sexualpartners natürlich etwas schwerer, verlangt man doch eine erhebliche Flexibilität. Da haben es Fetischisten einfacher. Entweder finden sie eine Frau, die sich die Zehenzwischenräume auslecken lassen will, oder eben nicht. Ich kenne welche, die stehen nur auf dünne Frauen, haben aber ihrem seltenen Fetisch zu liebe eine genommen, die eher füllig sind. Das hat man davon, wenn man darauf steht beim Vögeln unflätige, sehr laute Beschimpfungen zu benutzen und nur beim Analverkehr kommen kann.
Es wundert mich immer wieder, wie viele Frauen sich auf die Fetische ihre Kerle einlassen, immer wieder mitmachen, obwohl sie dabei ungefähr dasselbe wie beim Boden scheuern empfinden. Ein achselzuckendes "Ich mach’s halt, weil er Spaß dran hat und damit er nicht rumnervt" lässt mich immer wieder fassungslos werden und der Satz "Du solltest dann auch Geld dafür nehmen" hat nicht immer für eine entspannte Konversation gesorgt, außer einmal, als eine Bekannte dann tatsächlich "Mach ich doch schon" sagte. War im Studium, und sie war ausgerechnet das ruhige, hübsche Blondchen, vielleicht ein bisschen doof. Dachte ich. Ich dachte auch, dass der MX-5 von Papi sei, aber den hatte sie sich zusammen gevögelt. War zwar nur gebraucht, der Wagen, aber immerhin. Die kleine, zierliche Blonde hatte tatsächlich schon mit 17 festgestellt, dass es Männer mit gewissen Bedürfnissen gibt, zum Beispiel Füße, und die sich in einer kleinstädtischen Umgebung nicht trauten. So hatte sie sich erst das Geld für den Umzug zusammen gefüßelt um sich dann in der Großstadt das Geld für das Studium und ihr Leben weiter so zu verdienen. Ich war damals ein wenig neidisch. Wegen der Chuzpe. Hätte ich auch gerne gekonnt, ging aber nicht, weil ich einfach keinen an mich ran lassen kann, den ich nicht mag. Nicht gut für spontanen Gruppensex, aber ich muss jetzt sowieso wieder arbeiten und ein Verhältnis mit dem SysAdmin muss ich nun auch anfangen, damit der nicht meine Logfiles durch die Firma schickt. Aber der sieht auch ok aus. Das lässt sich machen.

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Mittwoch, 9. Juni 2004

Liebes Publikum,
ich weiß, gerne würden sich Menschen wieder mit meinen kleinen Geschichten erfreuen oder ärgern lassen. Ich auch. Nur: was soll man schreiben, wenn es einem gut geht und man nicht wild unterwegs ist, sondern brav zu Hause? Wenn man nix erlebt? Ich bin so unfassbar zufrieden gerade und es hat nichts mit einem Kerl zu tun. Einfach zufrieden. Ich gehe sehr viel arbeiten und freue mich daran. Ich fahre mit dem Fahrrad durch den Berliner Regen, und freue mich daran. Ich nehme ab und erfreue mich sehr daran. Ich sitze Abends zu Hause, lese viele Bücher (Elias Canetti, der obligatorische Murakami, Christoph Ransmayr) und freue mich daran. Ich liege am Wochenende im Park, trinke zwischendurch zwei, drei Bier und hab sehr viel Spaß daran mir keine Menschen an zu sehen, sondern einfach vor mich hin zu starren, oder die Augen zu schließen. Ich lebe in einer netten, warmen, kleinen Luftblase und lächle sanft und leise. Das ist sehr schön.
Das macht aber nicht kreativ. Eher im Gegenteil. Es macht einen dumpf und langsam und ich hab zwischendrin auch mal die Stadtwerke Berlin in Verdacht gehabt, dass sie Valium ins Wasser geschüttet haben, auf staatliche Anordnung, damit wir uns alle nicht mehr so aufregen und dumpf sind. Ich bin so dumpf im Kopf, dass ich sogar bei der Vorabendserie "Friends" lachen muss und mir Dinge wie "Gar nicht schlecht, die Werbung" durch den Kopf gehen. Ich erschrecke mich dann für einen Moment sehr, aber sobald ich wieder einen Schluck von meinem heißen Wasser trinke, geht’s wieder. Achja, ich trinke jetzt sehr viel heißes Wasser, da ich las, dass es gesund macht und man nicht mehr soviel ißt. Jetzt sagen manche Menschen sicher, "Klar, heißes Wasser trinke ich auch. Tee halt!" aber da antworte ich "Ihr Narren, der böse Tee macht das liebevoll gefilterte Wasser doch ganz schmutzig. Roh und pur müsst ihr das heiße Wasser trinken." Und solange ich in diesem Zustand schwebe kann ich nichts schreiben. Ich hab’s ja versucht, aber es kommt nur Müll raus. Leichter, langweiliger, katastrophaler, unpointierter, doofer, seichter Müll. Und ich hasse es, wenn ich seichten Schrott schreibe, wenn ich schwadroniere über das Leben, die Gefühle, die Schönheit und die Blumen, die Ruhe. Es ist langweilig, weil es so hübsch unreflektiert ist. Was ja auch Sinn der Sache ist. Wenn gerade vom Glück geküsst wird und dann meint schreiben zu müssen, kommt nichts rechtes bei rum. Oder kennt jemand einen Roman, in dem es von der ersten bis zur letzten Seite um einen konfliktfreien Glückszustand geht? Und wer schreibt wohl die besseren Gedichte? Verdrogte, halbtote, unglücklich verliebte, betrunkene Poeten oder glückliche Dichter?
Deswegen lasse ich das Schreiben gerade mal ein wenig weg. Es tut auch gar nicht so weh, wie ich dachte. Ich hab ja vor einem Jahr auch nur selten geschrieben und nicht so regelmäßig wie in den letzten Monaten. Aber auf der anderen Seite merke ich auch, dass es ein wenig kribbelt in den Fingerspitzen, dass der Strom hier und da langsam wieder durch meinen Körper kriecht. Mal sehen. Aber vielleicht schreib ich die Tage auch die schönsten Rezepte mit heißem Wasser auf.

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Montag, 10. Mai 2004

Dass zunächst lustigste an dem Abend war noch, dass meine blöde Lederhose zu weit war. Sonst war sie zu eng und bei engen Lederhosen kann man entweder einen Slip anziehen und beten, dass der nicht verrutscht, weil man sonst anfängt sehr unwürdige Verrenkungen zu machen, bis man genervt aufgibt, sich in Schlange vor dem Klo einreiht um dann den Slip entweder wegzuwerfen oder ihn um die drei Millimeter zu verschieben, die er nervt. Man kann ihn aber weglassen und dann hoffen, dass die Borde zwischen den Beinen beim Tanzen keinen Wolf auf die Schamlippen zaubern. Ich muss aber gerade viel arbeiten und dann esse ich wenig, da bin ich ein ganzes Mädchenklischee, aber ich nehm auch ab, dieses mal so zwei Kilo, gefühlt und leicht geschummelt auf der Waage auch drei. Jedenfalls schlackerte die Hose. Am Bund, am Hintern. Wenigstens keinen Wolf heute Abend. Dafür Jüngelchen in weiten Hosen und ganz engen, ärmellosen T-Shirts, möglichst mit einem 70er Aufdruck vorne drauf. Creme 21 oder Sunkist. Ich hasse K. schon jetzt dafür, dass sie mich hier hin geschleppt hat. "Das wird ja wieder sinnlos" denke ich und dann "Ach was, ich geh einfach". Also gehe ich, lasse K. alleine, die sowieso eines der Jüngelchen aufreißen wird. Ihm die Brust verkratzen. Das macht sie gerne. Sie fängt an den Schlüsselbeinen an und zieht dann langsam runter, dann noch mal kreuzweise, bis ein buntes Muster, ein Wirrwarr von Kreuzungen entsteht, und am Ende sieht es aus, als hätte ein irrer Architekt fünf Autobahnkreuzungen übereinander gelegt. Am nächsten Morgen muss sie sich dann die Hautstückchen unter den langen Fingernägeln rauspulen und schnippt sie ins Waschbecken.

Wieder zu Hause ist auch doof. Angebrochene Abende sind schrecklich, weil man mitten im Film rausgeworfen wird. Dann beschäftigt sich das Hirn noch lange damit, ob weggehen wirklich die bessere Alternative war. Aber da war ja noch diese andere Einladung auf der ich eine halbe Stunde später bin. Irgendwo zwischen Prenzlauer Berg und dem bösen Osten. Marzahn. Was weiß ich. Der Taxifahrer schaute komisch, als ich ihm die Adresse nannte und noch komischer, als ich mitten zwischen alten, dreistöckigen Industriebrachen ausstieg und zielgerichtet ins dunkel lief. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war und ob ich überhaupt richtig war. Erst als ich es leise wummern hörte, fühlte ich mich etwas sicherer, als mir die ersten Gestalten in engen Lackklamotten entgegen rauschten, wurde es warm. Drinnen ein Inferno aus Musik, Rauch, Schweiß, Alkohol und tatsächlich auch diesem leicht säuerlichen Geruch von Sperma. Gut, ich wusste, dass eine private Party war, auch dass es eine Fetischgeschichte war, aber dass im Eingang ein Schwuler einem anderen einen Rimjob verpasste, war dann doch ein etwas ungewohnter Empfang. Und weiter drinnen sah es nicht besser aus. Immerhin waren noch ein paar Leute ebenso angezogen wie ich und redeten miteinander. Dann Auftritt B. der die Party organisierte. Schatz hier, Küsschen da, klasse Stimmung, komm mit nach oben, ein Stockwerk höher, da ist es besser. Bezweifele ich, aber gut. Oben ist es erst mal dunkel, dunkel, dunkel. Aber leiser. Es plärrt tatsächlich etwas Ambient in mein Ohr und B. kennt mich und ich habe schnell einen Wodka vor der Nase. Dann ein wenig Smalltalk, dann noch einen Wodka und die Ansage, dass ich nur jeden zweiten zahlen muss, viel Spaß.

Ich kenne niemanden und sehne mich für einen Moment nach meinem Bett und der Premiere Fernbedienung. Dann treffe ich S., die unglaublich blond und dünn ist und die schlimmste Mädchenlache hat, die man hören kann. Sie kichert wie eine sechszehnjährige, ganz weit oben auf der Tonleiter und immer ein bisschen verschämt. Das ist keine Masche, dass ist echt. Leider. Eine Masche sind ihre billigen Rüschenblusen, die sie immer bis ganz noch oben zuknöpft und sich im Notfall einfach vom Leib reißt. Woolworth. Fünfzehn Euro. Sagt sie immer, und freut sich diebisch über den Effekt im Notfall. Sie ist außerdem die mir einzig bekannte Frau, die sich beim Rasieren den Damm so tief eingeschnitten hat, dass sie eine Woche die Beine nicht auseinander bekam. Nebenbei: Soviel zum Thema, was sich Frauen so gegenseitig erzählen. S. ist schon sehr gut drauf. Sie plappert ohne Ende, ich hab Mühe zu folgen, plapper aber genauso viel zurück. Nebenbei: Soviel zum Thema, wie sich Frauen auf Partys unterhalten. Man muss ja nicht alles verstehen, was die andere so erzählt. Jedenfalls zerrt sie mich in einen anderen Raum, in dem es noch dunkler und lauter ist. Das einzige Licht kommt aus einem rund zwei Meter breiten Loch aus dem Boden, und somit aus dem drunter liegendem Stockwerk, wo die eigentliche Party steigt. Über das Loch hat man ein Absperrgitter gelegt und wenn man runterschaut, dann schaut man genau auf die Liegewiese und kann anderen dabei zusehen, wie sie nix machen. Oder alles. Um das Loch stehen Sofas, auf dem Menschen rumliegen. Jedenfalls kann ich Haut sehen. Die Musik schallt ungedämpft nach oben, aber komischerweise kann man doch hier und da leises Stöhnen hören und ich frage mich, in was für einer Art Nebenhölle ich denn nun schon wieder gelandet bin. Das rimjobbende Paar am Eingang war ja eine Sache, aber das hier oben sah doch schwer nach Fummelgruppe aus.
Das sind alles keine Begegnungen, denke ich mir, und weiß sofort was mir fehlt. Eine Begegnung. Von mir aus ein stummes sich betrinken, ein gegenseitiges Anstarren, ein Lauern, aber nichts machen. Ein Wissen, dass man noch ficken wird, ein Spüren, dass man die Haut des anderen schmecken wird, das der Punkt kommen wird, an dem man sich zwischen die Beine greift, an dem man zum ersten Mal die Erektion in der Hand spürt, aber es jetzt eben noch nicht macht, weil man seine Kräfte misst und weil das Kräfte messen so viel spannender ist, als der nachfolgende Griff. Hier ist alles nur ein Greifen. Ein sinnentleertes, blindes Greifen nach der eigenen Befriedigung, niemals nach der Befriedigung der anderen. Ich bin dennoch überrascht, als der Schatten neben mir auf dem Sofa, eine Hand auf meine Schulter legt und ich, als ich die Hand greife um sie weg zu packen, die Finger einer Frau spüre. Ich lass die Hand da und beuge mich ein wenig nach vorne um mal runter durch das Loch zu sehen, was sich da so tut, aber was soll sich da unten schon tun, da befriedigen sich die Finger selber, plus ein Knäuel aus Schwulen.
Die Hand spielt mit meinen Haaren, ein Finger fährt meine Wirbelsäule runter und kommt in der textilfreien Zone an, fährt um meine Nieren, schiebt sich unter das Shirt, aber nur kurz, fährt wieder hoch, in meinen Nacken, dann zu meinem Hals, dann wieder runter und von vorne. Das macht sie bestimmt zwanzig Minuten. Immer runter, rum, rauf, rum, runter. Sie macht das nicht ungeschickt, besonders, wenn sie in meinen Nacken hochfährt, unter meinen Haaren entlang, bis sie im Dickicht hängen bleibt, die Finger vorsichtig wieder rauszieht um dann mit ihren Fingernägeln an der Seite meines Halses entlang zu fahren. Jetzt müsste ich mich so langsam an sie wenden, aber das macht sie, mit einer kleinen Bewegung ist sie plötzlich bei mir, dreht meinen Kopf und küsst mich. Dann legt sie den Kopf in den Nacken und lacht, packt mein Gesicht mit beiden Händen, hält es vor das ihrige, lässt mich los, legt den Kopf schief und ihre Augen blitzen. Ich nehm mir meinen Kopf zurück und schaue wieder nach unten.

Sie heißt ernsthaft Cindy. Cindy aus Pritzwalk. Und Cindy aus Pritzwalk ist 28 und nicht alleine da. Ihr Freund lungert in den Ecken und packt ab und an seinen Schwanz aus, wenn er irgendwen ficken sieht. Cindys Freund ist groß, hat die übliche Ost-Rasiert-Topffrisur und wahrscheinlich physiologisch die besten Gene, die man sich wünschen kann. Zu dem macht es ihn geil, wenn er seiner Freundin dabei zu sehen kann, wie sie mit einer anderen Frau rumknutscht. Für einen Moment fühle ich einerseits ein mich wenig verarscht, anderseits ein wenig benutzt, aber dann stelle ich fest, dass Cindy sehr patent ist und wir mit ihrem Freund jemanden haben, der freiwillig und ohne Murren auf eigene Rechnung den Wodka holt. Irgendwann wirft sie auch ihre Beine über meine, irgendwann greift sie mir beim Knutschen an die Brust, irgendwann auch mal zwischen die Beine, aber eigentlich sind das nur Intermezzi, kurze Pausen zwischen unseren Gespräch, dass mehr als angenehm ist. Wenn wir zwischendrin knutschen, dann stürmt sofort der Freund in die Nähe, greift sich oder seiner Freundin irgendwo hin, und am Anfang hab ich ein wenig Angst davor, dass er auch mich anfasst, aber Cindy beruhigt mich, sagt, dass er einfach nur sehen will, wie sie angefixt wird, und ansonsten sei er eh devot und zum Beweis löst sie ihren Griff von mir, schaut ihren Freund an und bellt ihn an, er möge Kippen holen. Freund steht auf und verschwindet. Wir reden bis wieder Licht durch die halbblinden Fenster fällt und dieses graue, regnerische Morgenlicht die Unschuld weg nimmt. Irgendwann stehe ich dann mal auf, merke, dass ich nicht mehr wirklich nüchtern bin, geh aufs Klo, mitten durch die windende Menge. Als zurück komme liegen Cindy und Anhang auf dem Sofa in dem fast leeren Raum und sind sehr beschäftigt. Ich will wieder gehen, aber Cindy sagt nur: "Setzt dich hier hin" und ich setze mich erst neben das Sofa und dann knie ich daneben und ich knutsche mit ihr, während ihr Freund seinen Kopf zwischen ihre Beine legt. Sie quietscht ein wenig, dann atmet sie tief. Ich hab meinen Kopf einfach neben ihren gelegt. Sie hält ihn umklammert, drückt meine Wange an die ihre und kommt. Ich hab ein wenig Angst, dass er nun auch kommen will, aber mit einer widerlichen Bewegung wischt er sich nur den Mund ab, steht auf und macht sich die Hose zu.

Dass komischste an nach solchen Nächten ist der Moment, wenn man wieder ins Taxi steigt. Man plumpst in die Polster und so auch wieder in die Realität. Da läuft RTL 104,6 und während man mühsam seine Seele wieder zusammen puzzelt, während man das Stöhnen in den Ohren hat, muss man profane Dinge wie seine Adresse sagen. Und dann fährt das Taxi los, ins Graue hinein und man hat das Gefühl, dass der besondere Moment hinter einem bleibt, dass er nicht mithalten kann mit der Geschwindigkeit mit der man sich bewegt und man in etwas leeres hinein fährt.

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Samstag, 24. April 2004

Neulich alle Vorsätze wieder über Bord geworfen. Vielleicht ist das der Sinn von Vorsätzen. Das man sie wieder los wird und sich beim nächsten Mal sagen kann: "Aber jetzt" oder, während man gerade dabei ist, sie zu vernichten: "Morgen" oder "Beim nächsten Mal." Ich fühle mich immer etwas verschlampt, wenn ich meine Vorsätze ad acta lege. Böses Mädchen. Kann ich kichern, wenn ich betrunken bin. Schlampe, wenn ich wieder wach werde. Aber, hey, ich will nur meine Shareholder Value vom Leben. Die Dividende, möglichst noch vor dem Ende des Jahres, denn wer weiß, ob man dann noch lebt.

So wie P. Eine der Größten, die ich jemals kennen gelernt habe. Er hat alles, aber wirklich auch alles in seinem Leben nur gemacht, damit er ficken konnte. Er war das wandelnde Lifestyle Magazin, schneller als jede bunte Journalistenbraut, mit Gänseblümchenhaarspangen auf dem Kopf. Er war einer dieser "early adopters" einer, der immer schneller da war, wenn andere noch nicht mal wussten, dass sie dort in ein paar Monaten sein wollen. Und das alles nur für Sex. Schnöder Sex. Die kleinen, dünnen Mädchen haben ihn angehimmelt und manchmal auch die Jungs, und wenn er gut drauf war, dann war ihm das egal und verschwand augenzwinkernd mit einem Bübchen oder einem bauchgepiercdem Mädchen, deren Brüste stramm unter dem "88" T-Shirt hervorstanden. Dann ist er Auto gefahren und gegen einen Baum oder eine Mauer, ich weiß das nicht mehr. Jedenfalls war er mausetot und bei seiner Beerdigung war keiner der Bübchen oder der Mädchen. (Wahrscheinlich weil Schwarz gerade out ist und man nicht weiß, was man sonst so anziehen soll). Ich war ja auch nicht da. Warum auch. Was soll man einen Mann zu Grabe tragen, der das Leben durch 100 Euroscheine gezogen hat. Ist auch schon was her.
Aber beneidet hab ich ihn immer um seine Leichtigkeit mit dem Leben und dem Ficken umzugehen. Keine Reue, keine Scham, nur Lust an diesem Leben ohne sich selbst dem Untergang entgegen zusaufen. Wenn er gut drauf war und ein kurzer Rock in seiner Nähe.... man konnte sich da gar nicht wehren. Erst redete man, dann hatte man eine Hand auf dem Bein, dann zwischen den Beinen und man dachte gar nicht "Hups" sondern nur "Ach" und ließ es geschehen. Am nächsten Morgen hatte man Kaffee am Bett und er war weg. Aufwachen war nicht sein Ding.

Was wahrscheinlich der große Unterscheid zwischen mir und P. ist. Ich kann alles, so lange ich nicht aufwachen muss. Ich kann die dollsten Sachen machen, ich kann mir oder jemanden anderen die Seele aus dem Leib ficken, aber ich darf nicht aufwachen. Wenn ich wieder aufwache, dann bricht das kleine Mädchen in mir durch, und ich sage "Weia" und "Ihhh" und "Scheiße". Dann durchzucken mich die Erinnerungen der Nacht wie heiße Blitze und manches ist mir ein wenig peinlich, besonders dann, wenn die Fenster weit offen waren, und der Hinterhof mal wieder mithören konnte, was zumindest ein Wichser genießt, den ich mal beobachtet habe, als irgendjemand anders im Haus vögelte und er im vermeintlich dunklen am offenen Fenster stand und sich einen runterholte. Dabei macht er sonst einen ganz zufriedenen Eindruck, hat allerdings die "Welt" abonniert.

Das hilft mir morgens aber auch nicht weiter, wenn ich in der Nacht vorher gedacht habe, dass ich genau DAS jetzt brauche. Schöne Rauschzustände, ohne nachdenken, nur die Lust, die Stromschläge durch den Körper sendet, die die Augen weit aufreißen lässt und Finger Sachen tun lässt, und die Muskeln verspannt, und das Blut nach unten drängt. Dann packt man gerne ganz weit nach hinten in die Bewusstseinskiste und greift nach den Dingen, die einem die Gier befiehlt. Wenn man dann am nächsten Morgen die verstreuten Hilfsmittel neben dem Bett (besser immer noch an sich drapiert) sieht, wenn man den Schmutz der letzten Nacht noch in der Luft schmecken kann, dann ist das immer ein wenig komisch, und wenn man den Kerl neben sich nicht kennt, dann ist das sogar schlimm. Wenn ich einen Kerl habe, den ich seit einem halben Jahr kenne, dann darf er auch mal an mir probieren, Sachen machen. Ich sag dann immer: "Ja, geil, mach weiter" weil ich sehen will, wie weit er geht, ob er meine Grenzen tangiert und ob er das macht um meine Grenzen auszuloten, oder nur um seine auszufüllen. Aber wenn ich den Kerl nicht kenne, dann ist das was anderes. Dann fühl ich mich benutzt, selbst wenn ich das alles in dem Moment geil fand, aber ich denke „Du Sau, man muss doch nicht gleich das volle Programm in der ersten Nach fahren, soviel Anstand muss schon sein“ und gleich hinter her denke ich " Na, Pulver verschossen, dass wird ja langweilig, das lass ich mal lieber“ Ja, dass ist paradox, aber es geht ja hier ums Leben und nicht um die AGBs des Öffentlichen Nahverkehrs.

Egal. Als mich das erste Mal einer von hinten vögeln wollte, hab ich nichts gesagt, nur gehofft das es gut sein würde, was es nicht war, aber ich war auch erst 18 oder 19. Als mich der erste an Bett gefesselt hat, hab ich gedacht: "Jau, mach mal" und ich war 20. Als mir der erste einen Schal um den Hals legte und zu zog, hatte ich keine Angst, nur Lust und ich konnte gar nicht genug bekommen, was ich am nächsten Morgen und etliche Tage danach bitter bereute, weil ich einen schönen blauen Strangulierungsfleck rund um meinen Hals hatte. Ich hab in den Momenten meiner Lust keine Angst, aber der Morgen danach ist schrecklich. Dann schnürt mich etwas ein und mein inneres kleines Mädchen kommt heraus und ist völlig verzweifelt über das, was ich da gemacht habe. Spiegelbilddetonationen, morgens im Bad. Ich kann mich kaum sehen, ich kann mich nicht fühlen, und für 12 Stunden schäme ich mich ein wenig, bis ich dann am folgenden Abend alleine im Bett liege, die letzte Nacht noch einem Revue passieren lasse und meine Hand oftmals auf Wanderschaft geht, ganz automatisch, was mich auch nicht immer wirklich glücklich macht.
Vielleicht brauch ich ja diese merkwürdige Dualität zwischen gelebter Perversion und gedachtem Klein-Mädchen-Image. Vielleicht ist das ja meine Triebfeder: die Spannung zwischen den Zuständen. Vermissen möchte sie jedenfalls nicht. Genauso wenig wie die letzte Nacht, die im "Würgeengel" anfing, mit einem Schwanz zwischen meine Brüsten und einer Hand zwischen meinen Beinen aufhörte und mich mal wieder das angelehnte Fenster vergessen ließ. Ist doch auch schön, wenn man auf diesem Weg noch jemanden glücklich macht, der einsam am Fenster steht.

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Montag, 12. April 2004

Irgendwie ist es so, als sein man in einer Zeitblase eingefroren, wenn man zu Hause ist. Man ist nicht erwachsen und wird es wohl auch nie sein, solange die Eltern gesund und munter sind, aber man ist auch kein Kind mehr. Man ist ewig irgendwas um die 18, grad aus dem gröbsten raus, aber immer noch unter der erzieherischen Fuchtel der Eltern. Das war an diesem Wochenende nicht anders. Nehmen wir mal die Sache mit dem ins Bett gehen. Das Wiedersehen mit meinen Eltern an Gründonnerstag war sehr feucht und fröhlich. Karfreitag waren sie deswegen ein wenig angeschossen und gingen früh zu Bett. Nicht ohne einen kritischen Blick auf die Uhr zu werfen, als ich mich gegen halb elf noch im Wohnzimmer lümmelte und schon gar nicht ohne den leicht schnippischen Kommentar: "Bleib nicht so lange auf, wir wollen morgen noch einkaufen.". Ja, Mama. Da fragt man sich, wofür man eigentlich vier oder fünf Jahre seines Lebens mit handfester Rebellion verbracht hat, um den Eltern zu beweisen, dass man ganz toll alleine auf sich aufpaßen kann. Ja, ich weiß: handfestes Klischee, über dass ich hier schreibe.

Das traurige an Klischees ist ja, dass man ihnen nicht entrinnen kann, weil man durch die eigene Vergangenheit an sie gekettet wird. Wenn man 15 ist, gibt es leider noch nichts eigenes, sondern das, was einem die Eltern beigebracht, oder die Medien erzählt haben. Da sitzt man automatisch in der Klischeefalle. Ich möchte nicht wissen, wieviele Spät68er damals das Haus gerockt haben mit ihrer Idee, nach Italien zu gehen, um sich heute zwischen toskanischen Wein und Ziegenkäse in einer derartigen Klischeefalle wieder zu finden, das man schon keine Witze mehr drüber machen kann, ohne Gefahr zu laufen als Vollidiotin dazu stehen, weil man Witze über derartige Klischees macht.
Aber den Klischees aus der Jugend kann man aber trotzdem nicht entkommen. Die erste Liebe, der erste Kuss, der erste Sex - alles wurde, damals unbemerkt, von der großen Klischeekontrollmaschine gesteuert. Freund? Muss so aussehen wie XY. (XY=gerade in dem Jahr auf der Bravo abgedruckter Popstar, bzw. der Typ aus der Parallelklasse mit der Vespa). Wenn man zum Knutschbesuch war, erwartete man, dass der Kerl eine ordentliche Knutschkassette zusammengestellt hatte. Licht aus, Kerzen an, Apfeltee zur Seite und im Hintergrund plärrten Lloyd Cole und Konsorten. Nicht zu vergessen das obligatorische "Why" Plakat an der Wand. Komischerweise ging ich immer zu den Jungs um zu knutschen. Selten kam einer zu mir. Was auch daran gelegen haben mag, dass unser Haus ein Stück außerhalb liegt. Mein frühes Sexualleben bestand aus Knutschen auf dem Schulhof und knutschen auf Geburtstagspartys. Achja, und Klammerblues tanzen. Ihgitt. Erinnerungswelle. Kennt das noch jemand? Die Jungs, die nach fünf Minuten beim Tanzen anfingen das Becken leicht nach hinten zu drücken damit man ihre Erektion nicht bemerkt? Ich hab einem mal das Becken wieder zurück gedrückt, teils weil ich nicht wußte, was er da machte, teils weil ich es affig fand. Der arme Kerl ist hochrot angelaufen, fing an zu schwitzen und nagte sofort an meinem Hals, während ich überlegte, wie ich ihn wieder sanft los werden könne. Eine paar Minuten später saß ich mit meinen Freundinnen in einer Ecke und berichtete, was ich da gerade gespürt habe. Gackernd natürlich. Pubärtierende Mädchen können sich ja nicht anders unterhalten und ich kann Jungs im gleichen Alter verstehen, wenn sie das Gefühl haben, dass man a) schlecht über sie spricht und man b) die gackernden Hühner eigentlich nur notschlachten kann.
Den ersten engeren Kontakt Sex hatte ich natürlich auch auf so einer Party. War die Party von der Tochter des örtlichen Metzgers und ihr Bruder war derjenige, der mich erst mit Alkohol, und später dann mit sich versuchte vollzupumpen. Beides mißlang grandios. Mir war schlecht und ich wollte mit Sicherheit nicht mit einem Jungen ins Bett gehen, den ich zwar sehr mochte, aber mit dem ich mir keine Beziehung vorstellen konnte. Er war zu aufgeregt und er kam in meiner Hand, was ich spaßig fand, was wiederum wohl etwas mit meinem alkoholisierten Zustand zu tun hatte. Ich schnupperte sogar an seinem Sperma und war ganz fasziniert von Farbe und Konsistenz, während er hektisch rum lief und Tücher suchte. Das Erlebnis war jedoch faszinierend. Ich traute mich nicht auf nur irgendeinem davon zu erzählen....

Da - schon wieder. Meine Mutter sieht mich gerade, wie ich vor dem Laptop hocke und sagt: "Anne, lass es mal nicht zu teuer werden. Außerdem essen wir jetzt". Gut, wir essen jetzt. Vielleicht später mehr aus meiner Jugend.

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Freitag, 2. April 2004

Die Rache eines nettes Wochenendes ist, dass man mehr haben will. Vielleicht ist das auch nur meine Unersättlichkeit. Mein Suchen nach noch mehr. Meine latente Unzufriedenheit, meiner emotionalen Balance und der verzweifelte Versuch, diese auszugleichen. Jedenfalls hab ich mich nach dem letzten Absturz schnell in weiteren wieder gefunden, unruhig, suchend, aufgeputscht, unzufrieden, haben wollend, mehr verlangend. Vielleicht meine Art die Leere zu überbrücken, das nicht lernen wollen weg zu denken.

Es ist ja nicht so, dass ich mit mental gespreizten Schenkel durch die Gegend laufe. Aber 12 Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen und die anderen vier Stunden in U-Bahnen, Kassenschlangen und vor dem DVD Player zu verbringen befriedigt mich nicht. Ich bin da undankbar. Ich mag einen netten Job haben, in dem ich gutes Geld verdiene, und ich mag mein Geld für dämliche Dinge zum Fenster raus werfen (DVDs, Schuhe, Taschen, Drogen, CDs, Klamotten in genau dieser Reihenfolge), aber ist ja alles nur Schaufensterkrempel, nichts seelisches. Ich mach das aus Langeweile, ich kann ohne das Leben, ich weiß dass, denn ich hab ja auch vor meinem Job anders gelebt. Rede ich mir gerne ein.

Ich hab immer gerne Grenzen gesucht. Und die Grenzen lagen gerne im persönlichen Erleben. Nicht das vergeistigte, sondern das körperlich, das erfühlbare stand im Vordergrund. Dabei habe ich oft mit mir und meinen anerzogenem, schlechten Mädchengewissen kämpfen müssen. "Das macht man als Mädchen nicht." Der Oma-Spruch ist bis heute durchaus Teil jederfraus Erziehung. Ich hab gegen diese eigenen Grenzen immer gerne gekämpft. Ich hab immer gedacht, dass ich das jetzt einfach mache, weil ich ja später noch nachdenken kann, und später ist vieles nicht mehr so schlimm, wie man es sich vorher zurecht gedacht hat. Also hab ich mir immer neue Grenzen gesucht.

Die erste Grenze waren Drogen. Noch weit vor Sex, oder wie entblöde ich mich innerhalb einer Gesellschaft so weit, dass mich alle mitleidig anschauen. Drogen waren immer geil. Alkohol war die erste Nummer. Dann folgten Joints, E`s, LSD, Speed, Koks. Die Erfahrungen anderer haben mich dabei nie interessiert. Es war mir egal, was andere dabei empfunden haben, wenn sie diese oder jene Droge genommen haben. Ich wollte wissen, was ich empfinde. Ich fühlte mich immer wie Dorothy Parker. Mehr auf der Suche nach den eigenen Grenzen und irgendwo zwischen der Moral und dem Verlangen verloren gegangen. Also waren Drogen-Wochenenden immer mit einem schlechten Gewissen behaftet. Dummerweise kam ich irgendwann auf die Idee, dass man ein schlechtes Drogengewissen damit los wird, dass man in der Gegend rumvögelt. Das war eine einfache Gleichung, weil sinnloser Sex innerhalb meines Wertesystems noch schlimmer war, als Drogen.

Das änderte ich wiederum sehr schnell, als ich feststellte, dass Drogen vor dem Sex bei mir irgendetwas loslösten. So eine Art außergedanklichem Verlangen. Oder eine Art des permanenten Unausgefülltseins, dass ich mit einem Schwanz zwischen meinen Beinen ändern wollte. Und irgendwann war es nicht nur der Schwanz zwischen meinen Beinen, sondern auch die Mischung aus Lust, Schmerz und Angst die mir einen Kick gab, der mich weiter trug als alles andere. Die Rollenverteilung spielte dabei keine Rolle. Ich hab gerne den aktiven Part übernommen, ich war gern auch in der empfangenden Position. Das erste Mal SM war ein doofes 9 ½ Wochen Klischee, mit einen Schal und einem Bettpfosten an einem knirschendem Ikea Bett. Dann folgten schnell Seile, Klammern und andere Dinge, die ich und mein damaliger Freund wechselseitig anwendeten. Wäre auch ein toller Partner gewesen, wenn er nicht so wahnsiing eifersüchtig gewesen wäre.

Aber dank ihm hat sich einiges anders entwickelt in meinem Leben. Ich hab gelernt, dass die Suche nach einem Kick nichts perverses oder ungewöhnliches ist. Dass ich mein Ding leben kann, wenn mir danach ist, und dass ich mich deswegen nicht schlecht fühlen muss. Ich hör in diesem Zusammenhang schon ein paar männliche Leser lachen, von wegen, dass man sich doch nicht selbst so einbremsen sollte, aber ihr seid auch keine Frauen, die als Mädchen erzogen wurden.

Ein großer sexueller Kick, war das Spiel mit Verletzungen. Ich hab eine zeitlang immer ein scharfes Küchenmesser neben dem Bett liegen gehabt und es genossen, wenn ein Mann damit um meine Brüste und meinen Hals spielte. Nicht dass ich auf Blut stehen würde, davon wird mir eher schlecht. Aber der Gedanke der Auslieferung trieb mir den Frühling zwischen die Beine. Auch ein Schal um meinen Hals, der sanft aber bestimmt festgezogen wird, hat was erregendes.
Ich fühle mich deswegen mittlerweile nicht mehr schlecht. Im Gegenteil. Es befreit mich, wenn es denn der richtige macht, dem ich vertraue. Wobei das Vetrauen nicht nur auf der Tatsache beruht, dass er mir nichts antut, sondern mehr darauf, dass er selber Lust dabei empfindet. Das Spiel mit den Grenzen ging irgendwann soweit, dass der Orgasmus eher nebensächlich wurde, solange nur das Spiel stimmte. Und wenn abklingende Drogen dabei waren, war es nur um so besser.

Das hat sich auch nicht groß verändert. Ich bin in dem Sinne spießiger geworden, als daß ich meine Wahllosigkeit im Moment der Lust eingeschränkt habe. Aber das passierte mit den wachsenden Anforderungen auch automatisch, denn die wenigsten Männer können mit sowas wirklcih umgehen. Bei den meisten hat man dann doch die Angst, dass sie in solchen Momenten überschnappen und den Schal um die Nuancen länger zuziehen, als daß es gut wäre.

Zurück zum Anfang. Die Suche, das Warten. Ich war schon immer ungeduldig. Mag an meiner Erzieuhung liegen. Aber wenn ich nicht das bekomme, was ich haben will, werde ich früher oder später unleidlich. Nach dem letzten, bettmäßig eher unbefriedigten Absturz war die Lust natürlich um so größer. Ich bin tagelang mit dem Gedanken nach "mehr" rumgezogen, nur um am Ende da mit der Frage da zu stehen, was da eigentlich für idiotische Schlappschwänze durch die Gegend laufen. Die Sparkassenwerbung hat es gut auf den Punkt gebracht, leider aber den letzten vergessen. Die meisten Kerle denken: "Mein Haus, meine Frau, meine Kinder, mein Boot, mein Orgasmus". Und da hört der Horizont auf. Wenn man den meisten Kerlen mit der Anweisung "Nimm mal die Klammern aus dem Kästchen neben dem Bett" kommt, bricht das lebende Klischee sofort in sich zusammen. Meistens mit der Frage "Oh - tut das nicht weh? Willst du das WIRKLICH?" In dem Moment kann man den Kerl eigentlich nur noch aus dem Bett treten, weil man genau weiß, dass es mit der spielerischen Lust vorbei ist.

Es ist wirklich ein Kreuz, und es ist nicht leicht zu tragen. Von daher glaube ich an die Jesus Sache irgendwie nicht. Der mußte niemit einem Audi TT Fahrer erst ind Bett gehen, weil kein anderer übrig blieb und kurz vor dem erhofften Orgasmus diesem auch noch aus dem Bett werfen. Womit ich meinen Beitrag zum Mel Gibson Film auch abgegeben habe,

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Dienstag, 23. März 2004

Ein Wochenende aus Glas. Endlose Gier aus der ich erst Sonntagmorgen wieder erwacht bin. Dazwischen:

Das Telefon.

Los, komm, tönt es, Grüner Tee macht auch Krebs. Auja. Ich werfe die Zeitungen in die Ecke. Kein Zeitvertreib mehr, kein papierner Schutzwall vor dem draußen, sondern nur noch Vergangenheit. Zeitungen sind schon geschehen, wenn sie gedruckt sind und in ihnen jammern Menschen über die Dinge, die sie oder andere verpasst haben. Will ich nicht. Ich will Gegenwart. Ich will das alles sofort. Ich will, dass alles gleichzeitig passiert, dass sich alles um mich dreht und ich nichts verpasse, dass alles in jede Pore dringt, jeden Nerv kitzelt, mich elektrisiert und ausfüllt, bis auch die letzte Zelle vor Wärme fast platzt. Erste Niederlage auf dem Weg: Die Lederhose passt nicht mehr. Zuviel All-Inclusive. Sie täte schon passen, aber dann würde mich der zwickende Bund und das Fett an was erinnern, was vor 14 Tagen war. Doch Rock. Auch gut. Hose ganz weit unten im Kleiderschrank versteckt. Vielleicht seh ich vor dem nächsten Herbst nicht mehr. Rest egal. Gesicht herstellen. L'eau d'Issey drauf. Fickwasser. Immer wenn ich das auflege, passiert was. Der Flacon hat drei Umzüge und einen hysterischen Badezimmerboardabräumanfall überlebt. Mehr L'eau d'Issey. Die Zigarette qualmt in der Seifenmulde und ich kichere leise.

Der erste Laden

Schnell schnelle Wodkas. Smirnoff ist Dreckszeug. Zuviel Wasser drin. Schmeckt selbst dann scheiße, wenn er eiskalt ist. K. reibt mir ihre kalten Finger im Nacken und klatscht mit der anderen Hand vor Lachen auf das Polster. Sie weiß, dass es ihr Gegenüber anmacht, wenn sie an einer anderen Frau rumspielt. Ich mag das nicht. Nicht so. Schiebe ihre Hand weg.
--Schnipp---
"Jaja, so ist das heute. Man kann sich kaum noch sicher sein in seinem Job. Scheiß Sozis. Machen alles kaputt." Nicke mechanisch. Der Typ ist selbst zum widersprechen zu langweilig. Muss Kraft sparen. Für später. K. greift in ihre Handtasche, zwinkert mir zu und steht auf. Ich folge ihr. Die Wixer haben die keine Toilettendeckel und die Spülkästen sind in der Wand. Eine sitzt, eine zieht auf den Knien von der Tasche. Danke an die Firma "Freitag" in der Schweiz. Leichte Speerspitzen im Kopf. Kann losgehen.

Taxi

Der Taxifahrer muss mit mir reden, weil K. und Kerl auf der Rückbank knutschen. Seiner Frau geht’s nicht gut.

Der zweite Laden

K. lässt Kerl stehen, weil ein anderer Kerl da. Erster Kerl sitzt neben mir und sagt, wie toll er K. findet. Woher ich denn K. kennen würde. Sag ich nicht, nachher macht er sich noch Hoffnungen. Er ist so ein Wicht. Anzug. Krawatte. Bitte. Krawatte geht gar nicht. Dann auch noch perfekt gedingst. Na. Gebunden. Ich starre auf seinen Knoten und denke "Wenn du den doch mal mental aufmachen würdest, dann ginge es dir bestimmt besser." Erschrecke mich. Seit wann denke ich nach Lieblingsdroge und Lieblingsalkohol so einen Schrott? Angst alt zu werden. Schicke Kerl Eins Nachschub holen, während ich K. mit Kerl zwei suche. Stehen an der Tür, die Köpfe verdächtig nah aneinander. Dränge mich dazwischen. K. stöhnt. "Mehr" sag ich. Das ist nicht das, was Du denkst, sagt sie, dass ist ein wenig gemischt. "Scheiße" sag ich. Und "Du blöde Kuh". Mein rechtes Fußgelenk zittert ein wenig. Ich muss die Schuhe los werden. Aber warm ist mir. Und nett das alles. Und Kerl Eins ist vielleicht ohne Krawatte auch nicht so doof.
---Schnipp----
Seine Eltern wohnen im Sauerland. Das weiß ich jetzt. Und mit Krawatte war doch besser, weil irgendwie Hühnerbrust.
---Schnipp---
Hand auf meinem Hintern. Denke es ist Kerl Eins. Ist es aber nicht. K. Kerl zwei ist weg. Warum auch immer. Wenn ich die Augen zumache und ganz schnell wieder auf, dann verschwimmen die Glasregale mit den Flaschen und verschieben sich. Das ist schlecht. Ich finde Symmetrie gerade ganz hervorragend. Achja, ich wollte ja mal sehen wegen dem L'eau d'Issey.
---Schnipp---
Ich zerre an K. rum, die ihren rechten Oberschenkel zwischen den Beinen von Kerl Eins geparkt hat. Vielleicht will sie ihn ja teilen?
---Schnipp---
Will sie nicht. Ich gehe.

Taxi

Redet nicht. Hört "The Cure". Bei einem Lied fällt mir Emily Dickinson ein.

Where I with thee
Wild Nights should be
Our luxury!

Futile - the Winds -
To a heart in port -
Done with the Compass -
Done with the Chart!

Blödsinn

Der letzte Laden

Es ist halb zwei. Ich bin gut dabei. Gelogen. Ich bin betrunken. Aber das klingt scheiße. Nach Kontrollverlust. Was nicht stimmt. Ich bin mittendrin. Mittendabei. Die Scheinwerfer sind auf mich gerichtet und ich genieße es. Wenn ich schwanke greift mir der rechte an die Hüfte und der linke an den Hintern. Möcht ich sehen, wie der da unten meinen Schwerpunkt retten will. Aber der Schwerpunkt steht auch nicht zur Disposition. Rechts oder Links ist die Frage. Beide auf gar keinen Fall. Nächste Frage: Wenn ich mich entschieden habe, will ich ihn dann mit nach Hause nehmen? Frage erübrigt sich. Links bin ich zu angetrunken, rechts ist verheiratet. Er zeigt mir seinen Ring und macht dabei ein Gesicht, als hätte er gerade einen Teller Maden vor sich. Ich weiß nicht, was er mir damit sagen will, oder ob das eine perfide Beleidigung ist. Es macht auf jeden Fall "Wusch" und dann...
---Schnipp---
Ich musste schnell aufs Klo. Ich musste gar nicht, aber ich musste schnell weg. Es ist drei, oder so. Ich sitze auf dem Klodeckel und rauche. Was mach ich hier eigentlich? Was hab ich den ganzen Abend gemacht? Wo lauf ich hin? Ich schüttle den Kopf und sage laut "Maaaannnn". Aber das will nicht weg, dass Gedankenmoos. Mit der Schuhspitze schubse ich eine tote Zigarette rum. Ich werd doch nicht moralisch werden? Ok. Zwei Tage nach so einem Frontalabsturz mit Ansage kann man moralisch werden. Dann kann man Bilder im Kopf flashen lassen, sich ein wenig schämen und sich sagen, dass man eine Schlampe ist. Nicht erwachsen, immer noch versucht der Mutter eins auszuwischen, obwohl die das schon nicht mehr interessiert, seit dem man 18 ist. Aber es macht doch Spaß, denke ich und lege meine Zigarette neben ihre tote Schwester.
---Schnipp---

Mein Bett

Genau das, was ich mir gedacht habe. Mein Hals ist die Sahel-Zone. Meine Zunge ein aufgeplatzter Käfer. Ich drehe mich auf die Seite. Auf dem kleinen Nachttisch liegt ein leeres Briefchen und verwirrt mich. Wenn ich gestern Nacht noch was gezogen hätte, warum.... ach hab ich ja nicht. Der Typ. Holger. Hat mich abgegriffen wie ein Stück reifes Obst und mir in seinem blöden flachen Audi zwischen die Beine gegriffen. Berührung machte nüchtern. Aber will ich den wirklich mitnehmen, dachte ich? Einen Audi Fahrer, der im Rückspiegel kontrolliert, ob die Augenbraun auch noch richtig sitzen? Ach, rauswerfen kannste ihn ja immer noch, meldete sich Madame Libido. Kaum hab ich seinen Schwanz in der Hand, wird er hektisch. Nenene, nicht so schnell, sagt er. Ich bin müde. Ich bin betrunken. Ich hab seit gefühlten zehn Jahren nicht mehr gevögelt und ich will jetzt ganz sicher nicht Tantra. Er will erst nochmal duschen. Das untersage ich ihm. Er windet sich. Mann, ich liege hier mit nur noch einem Slip an und du willst duschen? Er windet sich. Ich rieche an meiner Hand, kann aber nichts entdecken. Was ist? Er kommt zu schnell, er braucht erst Drogen, dann geht’s besser. Ich liege auf dem Bett, stütze meinen Kopf in meine Hand und sehe ihm zu, wie er nur in Unterhose vor meinen Nachttisch kniet und sich vorbereitet. Das ist hochgradig lächerlich. Ich aber auch, weil mein Kopf immer wieder von meiner Hand rutscht. Er sucht seine Hose. Dann seine Geldbörse. Dann einen passenden Geldschein, den er äußerst umständlich rollt und mich dabei angrinst. Dann beugt er sich leicht zitternd nach unten, zieht, kommt wieder hoch und lächelt mich wieder schleimig an. Nach dem Motto: Brav mein Mädchen, gleich bin ich bei dir. Ich bin kein Mädchen. Ich schmeiße ihn raus. Er ist stocksauer. Beschimpft mich. Ich sage ihm, dass ich keinen Kerl will, der sich erst voll pumpen müsste, damit er ficken kann. Er so: "Und was soll ich jetzt machen?" Ich so: "Such dir eine die schneller kommt." Habe gerade beschlossen, dass ich ihn hasse. Er ist beleidigt, schaut mich böse an. Für einen Moment denke ich, er will mir eine scheuern. Aber er sagt nichts mehr und geht. Wird das schon hell draußen?

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Mittwoch, 17. März 2004

Eben einen Fehler gemacht. Für 15 Euro mich bei Premiere für einen Monat bei "Big Brother" freischalten lassen. Nach einer Stunde war mein Kortisolwert explodiert. Das hält ja kein Mensch aus. Warum, schoss es mir durch den Kopf, gehen die Selbstmordattentäter nicht dahin wo es weh tut und bereiten dem ein Ende? Allah'u akbar und gut ist? Das ist ungerecht.

Habe ich natürlich nur kurz gedacht. Wie so oft schaffe ich es noch, dass derartige Phantasien nur recht kurz in meinem Kopf herum spuken. Die Visionen aus Blut, Hass und einer daraus resultierenden innerlichen Befriedigung währen nur wenige Augenblicke, helfen aber paradoxerweise dabei nicht durch zu drehen (Straßenverkehr!). Ich halte mich trotzdem für einen normalen Menschen. Das tue ich, seit dem ich "American Psycho" gelesen habe und mir eine Freundin verraten hat, dass sie ihrer tyrannische Nachbarin gerne gedanklich den Hals aufschneidet. So was denke ich nicht. Meine Phantasien bewegen sich eher im Rahmen von großen Explosionen. Die Leute sind danach einfach verschwunden und nur eine kleine Blutspur erinnert mich an meinen Triumph. Ich hab mich also unter Kontrolle. Wie lange ich das allerdings noch schaffe, weiß ich nicht.

Jedenfalls sind die Chancen nach dem Urlaub deutlich gestiegen. Vor dem Urlaub war ich eine Art Courtney Love auf Speed. Ich hatte jeden Tag einen "Bad Hair Day" meine Finger zitterten morgens so sehr, dass ich die Wimperntusche auch gleich bröckchenweise hätte aufwerfen können und im übrigen war ich zu fett, zu doof und hatte nichts erreicht im Leben. Annäherungsversuche wurden entweder panisch und heulend abgewiesen. Nach 10 Tagen All-Inclusive bin ich fett, aber glücklich und habe gelernt, dass man mit Creme de Cassis ganz formidable Cocktails shaken kann. Auch gut: Tiefgefrorene Blaubeeren nehmen, in einen Mixer, ordentlich Wodka oben drauf, mixen, trinken.

Erstaunlicherweise hatte ich trotz der netten Barmannschaft keinen Ausraster im Urlaub. Nur einmal habe ich mit einem englischen Geschäftsmann geknutscht. Mehr nicht. Was daran gelegen haben dürfte, das englische Männer einfach nicht küssen können. Ich weiß nicht, womit die Engländer ihre Jugend verbringen, aber sie verbringen sie auf gar keinen Fall mit knutschen. Ok, ich hab jetzt noch keinen repräsentativen Querschnitt geküsst. Aber die drei Engländer mit denen ich es tat, knutschten alle so, wie Prinz Charles aussieht. Plötzlich hat man einen langen pelzigen Lappen im Mund, der nach Bier und Marlboro schmeckt, während eine Hand sich automatisch auf Hintern oder Brust legt. Schwapp - papp. Eine Bewegung. Ein Horror. So auch diesmal. Mister Namenhabichvergessen parlierte weltmännisch über das teure London, rückte so nah, dass ich die geplatzten Äderchen in seinem rechten Auge zählen konnte, während ich verzweifelt versuchte die Blaubeerkerne aus meinen Zahnzwischenräumen mit der Zunge zu entfernen, weil ich schon ahnte, dass da gleich was kommen würde. Ich mochte seine Stimme. Ein wenig Richard Burton klang daraus, jedenfalls brummelte er ein glockenreines Oxford, was mich automatisch einen Tick weicher in den Knien werden lässt. Warum nicht, dachte ich. Und gleich hinterher: Der hat bestimmt keine Blaubeerkerne zwischen Zähnen, soweit wie die auseinander stehen (Danke für die Spange, Mama). Und dann: Schwapp - Papp (Hintern). Nach ungefähr zwei Sekunden hatte ich das Gefühl einen alten Wollteppich im Mund zu haben. So kommen wir nicht weiter, dachte ich, und beendete das Ganze schneller als es angefangen hatte. Gottseidank war er am nächsten Tag mit der Poolputzfrau beschäftigt, die er zwei Tage später und bis zum Ende seines Urlaubs in dem winzigen grünen Poolhäuschen hinterm Hotel vögelte.

Meine Zurückhaltung hatte nicht nur was mit der äußerst bescheidenen Auswahl an Männern zu tun, sondern auch mit der Gewohnheit, keinen Urlaubsflirt zu haben. Mit großem Entsetzen stelle ich immer wieder fest, dass selbst gute Freundinnen in südlichen Gefilden eine Art spätpubertären Hormonschub bekommen. Noch Wochen später berichten sie ernsthaft über den schnuckeligen Fremdenführer/Barmann/Kellner/Pooljungen/Taxifahrer. Diese rauhen Hände. Diese tiefschwarzen Augen, in denen sich die Sterne gespiegelt haben. Und erst die Komplimente! Und dann sitzen sie wirklich nachts um zwei am Telefon und versuchen über das einzige Telefon am Ort Achmed/Jose/Juan zu erreichen und tauschen drei Tage alte Erinnerungen aus. Am nächsten Tag nagen sie an ihrer Unterlippe, klicken aufgeregt zwischen Last-Minute Flügen rum und überlegen, welche Krankheit sie haben könnten, um schnell noch mal zurück zu fliegen. Dass läuft zwei oder drei Wochen so weiter. Irgendwann will er Geld, und dann geht’s wieder. Ich hatte in meinem Leben nur einen einzigen Urlaubsflirt, und mit dem hab ich gleich alle Klischees so weit abgearbeitet, dass das für mindestens ein Leben reicht. Ich sag nur Italien, der Rest ist mir zu peinlich.

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Mittwoch, 10. März 2004

In zwei Wochen Urlaub kann eine Menge passieren. Beim letzten Mal hat mein Nachbar versucht meine Wohnung unter Wasser zu setzen. Inklusive eines kleinen Aktenschranks aus Holz, in dem ich meine Zeugnisse, Geburtsurkunde und so Sachen aufbewahre. Jetzt komme ich wieder und muss feststellen, dass ein paar Langweiler mit einer Delux-Paranoia-Ausstattung gleich meine ganze Identität in Frage stellen. Das ist neu. Offenbar versucht eine fremde Macht in meiner Abwesenheit mir mein Leben zu klauen. Ich sollte vorsichtiger sein. Oder nicht mehr in den Urlaub fahren. Vielleicht sollte ich aber gleich ganz im Urlaub bleiben, dann muß ich mich mit sowas nicht auseinandersetzen. Stattdessen heirate ich einen wuschelköpfigen Fischer, der mind. die Hälfte der Zeit unterwegs ist, während ich mich um zwei hinreißend hübsche Kinder kümmere oder Wein auf einer Veranda trinke, aufs Meer starre und nach meinem Gatten Ausschau halte. Also, im Moment erscheint mir das sinnvoller, als mich auch nur noch eine Sekunde weiter mit dem Thema zu beschäftigen.

P.S: Nein, ich hatte keinen Sex mit einem Fischer im Urlaub. Ich war brav.

Na, fast.

Jedenfalls was die Fischer anging.

Man sollte nicht entspannt nach einem Urlaub und einer halben Flasche Wein posten. Ich schreib mich hier ja noch um Kopf und Kragen. Haha.

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Samstag, 21. Februar 2004

Lustig. Da unten in den Kommentaren macht man sich Gedanken darüber, ob ich nun eine Frau bin oder nicht, aber wie es mir geht, was ich so mache, was ich so empfinde, das scheint von weniger Interesse zu sein. Was meine Theorie zu bestätigen scheint, dass manche Menschen nur Kommentare schreiben, um selber gelesen zu werden. Das ist wie mit den Leserbriefschreibern: Verkannte Schreib- und Meinungsgenies, Menschen, deren Lebenslauf sich leider anderes gestaltet hat, sonst wären sie ja zur Zeitung gegangen. Mein Onkel Wilhelm war so seiner. Pullunder, Krawatte drunter, Bügelfalte, Spiegel Leser, mittleres Beamtentum, Beethoven Verehrer, Disziplin-Fanatiker, süßer Sherry Trinker. Jede Woche setzte er sich am Wochenende hin, und schrieb mindestens einen Leserbrief. An die regionale Tageszeitung, an den Spiegel, die Zeit oder die Hörzu. Ekelhafter Kerl. Verklemmt bis zum Abwinken. Einer, der das Ei mit einem Löffel aufklopft. Schlimm. Vielleicht bin ich in diesem Ding, wie in ein paar anderen, ja etwas idiosynkratisch, aber Eier aufklopfen geht gar nicht. Mag daran liegen, dass ich als Kind immer mit großen Augen Onkel Wilhelm dabei beobachtet habe, wie er mit eingeklemmter Unterlippe feinsäuberlich das Ei rundum bearbeitet hat, so lange, bis er zufrieden war, um dann die in kleine Dreiecke und Quadrate zerklopften Eierschalen mit spitzen Fingern abzog. Er schaute immer sehr kritisch dabei, mit leicht gerunzelter Stirn, und machmal fiel dabei auch eine Haarsträhne, die er von links nach rechts über seine ziemlich große Glatze gekämmt hatte, runter.
Bei uns zu Hause wurde das Ei geköpft. Kurz gezielt, ausgeholt, zack. Ei-Oberteil aus der Schale gepopelt, leeren Ei-Oberteil unter das Ei-Unterteil geworfen, essen.
Wenn ich mal Übernachtungsbesuch habe, der nicht nur einmal zur Übernachtung und nicht nur zur Übernachtung da ist, da kann es passieren, dass ich zum ultimativen Eiertest greife. Sitzt er vor mir und köpft das Ei mit Schmackes, kann er bleiben. Fängt er an zu klopfen, wird es sehr, sehr schwierig. Ich hab dann schnell Angst, dass er sich, wenn wir mal heiraten sollten, schnell zu einem Mann entwickelt, der eine Autozeitung abonniert, oder im Keller Modellbau betriebt. Mädchen wissen, was ich meine.

So - und sollte gerade jetzt zufällig jemand im Starbucks am Hackschen Markt sein, und das hier lesen, kann er mich dabei beobachten wie ich noch die Tippfehler korrigiere, dann klapp ich meinen Laptop zusammen, wälze mich aus Sessel und gehe das machen, was berufststätige Frauen Samstags so machen müssen. Shoppen.

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Freitag, 13. Februar 2004
Frau Annes kleine Fragestunde

Per Mail an lose Handlungsfäden meines Leben erinnert worden.
Was also macht:

Der verhinderte Selbstmörder, der mit meine Decke ruiniert hat?
Nix - ich hab ihn einmal kurz vor Weihnachten gesehen. Seitdem nicht mehr. Der Flurfunk meldet, dass er in "Behandlung" ist. Was das auch immer heißen mag. Vielleicht sitzt er auf einem Zauberberg, vielleich siecht er rum wie weiland Oskar Panizza. Jedenfalls tropft es nicht von meiner Decke noch riecht es strenger als sonst im Treppenhaus. Den Whiskey hab ich mittlerweile selber ausgetrunken.

Der Lebensgefährte aus Hamburg?
Wenn man das so wüßte. Man sieht sich selten. Man macht das, was man gemeinhin als erwachsener Mensch so macht: man lebt sich auseinander, manchmal aber auch nicht, dann wieder doch. Aus gut unterrichten Kreisen wurde mir neulich berichtet, dass man ihn mit was blonden in einem Lokal gesehen hat, dessen Betreten ich ihm wegen erhöhter Hamburger Affigkeit verboten habe. Muss ich mir also wenigstens nicht auch noch um sein Sexualleben Gedanken machen, wo meins doch so darbt. Aber wir senden uns SMS. Haha.

Die untervögelte Kollegin
Ist sie wohl weiter, wenn man ihren Hang zu Light Produkten und Gehässigkeiten in der Mittagspause glauben darf.

Die Freundin, die so lange trauert
Nachdem sie die Wohnung mit einer Containerladung Sagrotan gereinigt hat, bemüht sie sich ihr Leben hier in Berlin wieder in den Griff zu bekommen. Auf einer Party neulich sprach sie auch mal wieder länger als 30 Minuten ohne ihr Schicksal zu erwähnen.

Der Troll
Nervt.

Wo ich gerade schon beim beantworten von Fragen bin: Es wurde hier und da verwundert zur Kenntnis genommen, dass meine Postingzeiten immer recht früh seien. Oder spät. Wie man es sehen mag. Das, liebe Kinder, liegt an meiner Arbeit. Denn die läßt mich ungern um 17.00 Uhr nach Hause. Also manchmal macht sie das schon, aber viel öfter auch nicht. Dann muss ich was essen. Dann muss ich ins Internet. Dann muß ich einen Rotwein aufmachen. Dann muss ich schreiben. Dann ist es spät. Ich muss aber auch nicht morgens um acht wieder im Büro sein. Zudem reichen mir, wenn die Flasche nicht allzu leer geworden ist, auch 5 Stunden Schlaf. Dahin dämmern werd ich im Alter ja noch genug, dass muss ich jetzt noch nicht haben.

Ein Herr K. wollte gerne wissen, welche Psychopharmaka ich nehmen würde, um so eine "verschissene Scheiße" zu schreiben. Herr K., ich muss sie enttäuschen, ich nehme keine Medikamente. Auch sonst kaum Drogen, abgesehen von kleineren Puderattacken. Die die Idee mit den Medikamenten werde ich mir aber merken, sollte ich eines morgens denken, dass ich mir gerne ein Haustier zulegen würde wenn ich mit dem Kopf auf dem Küchentisch wach werde.

Frau G. meinte neulich, dass man ja nicht immer alles so explizit ausdrücken müsse, was man so tut und denkt. Das ist sicher richtig. Ich gehöre aber nicht zu den Menschen, die Bücher lesen, in denen ein "Zauberstab der Liebe sich zitternd der Lotusöffnung" nähert und in meiner Wohnung riecht es auch nicht nach Bratkartoffeln.

Wo wir beim Thema sind: Ein, ich vermute mal, Herr "boiler", wollte schon vor längerer Zeit wissen, ob ich auch auf Analverkehr stehe. Da antworte ich gerne: Wenn Sie sich vorher einen Einlauf verpassen, so dass der Strap-On nicht verschmutzt, können wir unter Umständen darüber reden. Die Umstände wären: Gutes Aussehen, Eloquenz... ach schade, schon verloren.

Danke auch für die zahlreiche Übersendung von MyDoom. Den hätte ich aber auch so bekommen, da ich in meinem Bekanntenkreis Schwule habe,die beim Anblick von Technik anfangen zu kreischen und die immer, immer auf alles klicken und mir so alle Viren dieser Welt zu senden, weswegen ich schon seit Jahren ein Großkunden Abo bei McAfee habe.

So. Enden verknotet.

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