belledejour
 

 
Montag, 8. Dezember 2003

U-Bahn oder Bus fahren gehört ja nicht unbedingt zu den netten Dingen im Leben. Vielleicht bin ich da auch schon ein Misantroph. Aber was will man im Winter machen, wenn es für das Fahrrad und den Motorroller zu kalt, der Weg zur Arbeit zu Fuß zu lang aber für das Auto zu kurz ist. Mal abgesehen vom Parkplatzproblem hier und vor meiner Firma. Also - was macht man da? Man stellt sich zwischen andere Menschen und fährt mit den Öffentlichen.

Hübsch, so ein Trip mit seinen Mitmenschen. Da rotzt sich einer die Seele aus dem Leib und man kann die Virenklümpchen schon fast in der Luft sehen und vertraut sehr fest auf sein Immunsystem, dass man am Wochenende auch ausgiebigst gepflegt hat (Massage, Sauna, Dampfbad, Schwimmen, Sex, Massage, Essen, Sex, Dampfbad, Schwimmen, Schlafen in zwangloser Reihenfolge). Man schaut von schräg unten in laufende Nasen und lernt schnell die Menschen in Knüller und Falter ein zu teilen. Knüller ziehen meist aus einer Jackentasche eine Art Papierkugel heraus, die sich nach einer schniefenden Zeit als vormals stolzes Produkt der Taschentuchindustrie entpuppt. Es wird nach einer freien, nicht zu gerotzten Stelle, bzw, noch nicht hart gewordenen Stelle, gesucht und ab gehts. Knüller tragen bequeme Kleidung, kurze Jacken oder Daunenjacken, haben eine Mütze auf dem Kopf und Turnschuhe an.
Falter haben entweder ein einmal, höchstens zweimal benutztes Taschentuch dabei, das fast aussieht wie neu. Oft ist es sogar aus Stoff. Sie tragen korrekte Bürokleidung, haben einen Mantel an (gerne dunkler Stoff) und einen Schal um. In der U-Bahn sind mit Falter natürlich die lieberen Zeitgenossen, auch wenn ich der festen Überzeugung, dass sie den schlechteren Sex haben, bzw. abliefern. Im Bett sind mir schlamperte Genies tausendmal lieber, als überkorrekte Serviettenbügler, denen man erst mal den Kleiderbügel aus der Hose nehmen und erklären muss, dass man nicht für jeden Mist eine formale Stellungnahme abgibt.

Da stellt sich mir sowieso immer die Frage: Was haben diese Männer für Frauen im Haus? Überhaupt keine? Eine Dame, die nach ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau dem Herrn bei einer Weihnachtsfeier näher gekommen ist, um dann bald darauf schwanger zu werden? Wie ist das bei denen morgens? Das Kind still am Frühstückstisch, der Mann hinter der Zeitung vergraben. Noch ein Toast? Keine Erdbeermarmelade mehr da? Entschuldigung. Wir haben heute wieder Schwimmunterricht. Wie kann man den Kindern im Winter nur Schwimmunterricht geben. Ach, das wird schon seine Richtigkeit haben, so eine Erkältung schwächt ja nicht. Sei bitte pünktlich heute Abend, ich habe das Treffen meiner Frauengruppe, der Kleine kann nicht alleine bleiben. Und im Hintergrund läuft RTL 104,6. Dann geht er, zieht seinen Mantel an. Nimm einen Schal, Du bist schon leicht erkältet. Jaja. Bis dann.

Solche Gedanken hat man auch nur, wenn man mit Wärme aufgepumpt vor lauter Glückseligkeit morgens den Ipod zu Hause liegen läßt, um die Umwelt an Coldplay sterben zu lassen.

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Mittwoch, 3. Dezember 2003
Schlecht gefickte Brotspinne

Achja. Es gibt was zu gewinnen, und das Volk haut auf sich ein. So kennen wir das, so wollen wir das. Ist wie bei Aldi, Montagsmorgen um acht, wenn es was für 100 Euro billiger gibt. Schön auch die Verteilung der Rollen hier

1. Der Filialleiter:
Steht eigentlich nur dumm rum und sagt Sachen wie "Aber meine Damen!" oder "Wir wollen doch vernünftig bleiben". Wird jemand seiner Meinung nach zu unverschämt, sagt er Sachen wie "Aber denken Sie doch auch mal an die hungernden Menschen in Afrika, denen es viel schlechter geht und die dankbar wären könnten Sie hier sein." Er sagt so einen Blödsinn vor allem, weil er heimlich in

2. Die Moralische Anführerin
verliebt ist. Diese gesellt meistens ein wenig später zur Schlange, durchschaut aber mit einem Blick über die randlose Brille, woran es hapert und macht sofort Vorschläge, die auf ERFAHRUNG und GESUNDEM MENSCHENVERSTAND beruhen. Dagegen kann ja wohl keiner was haben. Sie macht das im übrigen immer so, auch im Urlaub, wenn sie das Reisebüro wegen angeblicher Mängel mit Faxen bombardiert. Diese Dame spricht gerne in großen Buchstaben, hat den moralischen Fettdruck empfunden, sagt, dass man auch die "anderen" fragen müßte, wenn sie nur sich selber meint, organisiert, wenn man sie denn nur fragt, alles besser, und versucht Ordnung in die Reihe zu bekommen. Ihr natürlicher Feind ist

3. Die Madame Ironie
Die steht zwar auch in der Schlange, macht aber blöde Bemerkungen, evtl. sogar Witze (merke: ordentliche deutsche Schlangen sind ironieresistent!). Sie kaut Kaugummi, porkelt mit der Schuhspitze das Moos zwischen den Steinplatten raus, oder liest gelangweilt Brodkey. Sie ist geduldig, und es macht ihr überhaupt nicts aus, wenn die Schlange völlig ungeordnet rum steht. Sie bringt Unruhe in die ordentliche Schlange wie ein Zappelphilipp in der Grundschule und hält die moralische Anführerin mit ihren "Ich-Sätzen" für eine schlecht gefickte Brotspinne. Da ist sie sich einig mit dem

4. Gelangweilten Intellektuellen
Der mischt sich kurz mal ein, macht ein paar spitze Bemerkungen, weil er glaubt, er könne so die Diskussion abkürzen. Zwischenzeitlich versucht er einfach Ruhe in die Schlange rein zu bringen, in dem er Scherze auf Kosten der Anwesenden macht. Wenn er etwas sagt, dann in langen Sätzen. Er findet Madame Ironie interessant und versucht zwischen den Zeilen klar zu stellen, dass er wilde Spekualtionen über vererbbare Geisteskrankheiten in den Familie der moralischen Anführerin anstellt.

5. Die Kunden
Stehen genervt rum. Wollen rein. Blättern dabei in Importbüchern, die sie bei Amazon USA bestellt haben, rum. Weil ihnen das Gekeife auf die Nerven geht, ziehen sie schnell die Kopfhörer ihres Ipods auf.

Hat aber meinen Tag gemacht, der Strang da drüben.

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Montag, 1. Dezember 2003

Gestern das erste Blind Date meines Lebens gehabt. Ich weiß, so was gehört heutzutage zum allgemeinen Erlebnishorizont, aber es löst bei mir allergische Reaktionen aus, mich durch Tonnen von Anzeigen mit den Überschriften "Süßer Kuschelbär" oder "Ob Jeans oder Anzug" zu lesen. Da bricht die Klischeewelle ja gleich direkt über einem zusammen ohne dass man sich wehren kann. Zu dem berichteten Freundinnen von panischen Fluchtaktionen aus diversen Bistros. "Kann es eigentlich schlimmer noch kommen?," hab ich mich oft gefragt. Ein Blind Date mit einem Mann der "Barfuß oder Lackschuh" in seinem Text stehen hat, der mich laut Anzeige "mit allen Sinnen verwöhnen", und sich deswegen im Bistro "Boulevard Inn" mit mir treffen möchte. Die Assoziationen waren grauenhaft, die Glasvitrine mit den kleinen Porsche Modellen quasi schon in meiner Wohnung.

Das ich dann gestern Abend doch bei einem solchen Treffen gelandet bin, hat mit meiner Freundin A. zu tun, die offenbar nichts besseren zu tun hat, als ihren Bekanntenkreis zu verkuppeln. Mit Erfolg. Mittlerweile wird das Beziehungsgeflecht ihres wirklich großen Bekanntenkreis völlig unüberschaubar, und es wird hier und da fröhlich getauscht. Partys bei A. enden immer damit, dass mindestens zwei neue Paare finden. Zumindest für eine Nacht. Was wirklich dauerhaftes ist bei ihren Aktionen noch nicht rausgekommen. Aber geschickt ist sie. Sie heizt die Phantasie der zu verkuppelenden Personen erst wochenlang, bis sie beide weich gekocht hat. Und diesesmal war ich dran. Seit Monaten liegt sie mir mit P. in den Ohren, diesen jungen, netten, gutgebauten Menschen, der Kulissenbauer im Theater ist. Also die richtige Mischung zwischen "kennt sich Theater aus" und "kann zupacken". Wobei, wenn ich die Wahl habe zwischen "kennt sich im Theater aus" und "kann zupacken" würde ich immer die Variante "kann zupacken" wählen. Eindeutig. Was hilft mir detailliertes Wissen über Marthaler Inszenierungen, wenn der Typ dafür mit feuchten Händen über meine Brüste streichelt? Genau, nichts. Das mag jetzt gemein klingen. Und doof. Und typisch. Aber bitte, das geht einfach nicht. Ich kann es wirklich nicht leiden, wenn einer permanent in Zeitlupe über meine Haut streichelt. Das ist 9½ Wochen und Dirty Dancing und Ghost zusammen. Ich will nach dem Sex zwar auch nicht aussehen wie ein Insasse von Guantanamo Bay, aber wenn einer streicheln will - dafür gibt es einen Zoo. Ein Mann, der zufassen kann, der sich das vor allem auch traut, ist mir lieber.

Mein Blind Date gehörte leider nicht die Kategorie. P. ist nett, aber Künstler. Immerhin hatte einen netten Laden ausgesucht, wo man neben Sushi auch leckere Cocktails bekommen kann. (Eigentlich sind Cocktailkarten eine Verschwendung für mich. Ich trinke entweder einen Wodka-Martini oder, wenn mir nach süß ist, einen Hemingway. Sonst nix anderes. Ich hasse es zu dem mich erst durch einen halben Urwald von Obst schlagen zu müssen, wenn ich den Alkohol möchte. Wenn ich Obst essen will, dann bestell ich einen Obstsalat. Und dabei fällt mir ein, dass diese Vorstadttussen mich alleine schon dadurch auf die Palme bringen, dass sie mit einer dämlichen Arroganz und gespielten Selbstverständlichkeit diese Cocktails trinkenwährend sie Marlboro Light rauchen. Gerne, nach dem sie im Kino waren)

Also P. Erkennungszeichen: Stuckrad Barres "Theater". Hätte mich warnen müssen. Hat es auch, ehrlich gesagt. Als er dieses Erkennungszeichen nannte, war ich kurz davor das Date wieder abzusagen. Allein deswegen. Aber ich werde wohl altersmilde. P. gab sich wirklich Mühe, legte sich ins Zeug, war charmant, gewitzt und nett. Nur sprang da kein Funke, noch nicht mal der Lustfunke, über. Es war wie ein netter Kinofilm mit Julia Roberts. Kann man sich ansehen, aber sobald man aus dem Kino ist, hat man sofort wieder vergessen, um was es da eigentlich ging. Hab ich diese Sache jetzt also auch hinter mich gebracht. Ich glaube, Blind Date sind nichts für mich. Zuviel Brimborium vorher, zuviel abschätzende Blicke währenddessen. Man ist nicht wirklich frei und locker, so wie man das ist, wenn in eine Bar geht und einfach jemanden anspricht oder kennenlernt. Nicht meine Welt, das.

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Donnerstag, 27. November 2003
Die Sache mit dem Küssen

Haha, nein, nicht das was die meisten schon wieder denken. Mir geht es um anderes küssen. Und zwar wenn man sich begrüßt.
Ich bin kein Freund von diesen "rechts/links" Geknutsche. Auf den Mund mit Zunge geht klar, aber auch nur bei Menschen, die ich gut kenne, oder denen ich einen geblasen habe. Ansonten allerhöchstens auf eine Wange. Nicht aber auf zwei. Ich fühle mich dann wie in der amerkanischen Adaption eines französischen Filmes. Meine schwulen Freunde küssen sich neuerdings gar nicht mehr, sondern geben sich wieder ordentlich die Hand. Es sei denn sie wollen Sex. Was mich dazu bringt, dass Schwule das Problem mit dem Sex einfach genial gelöst haben. Haben dem Sex einfach den Heiligenschein in der Sauna weggeschwitzt und ficken sich da die Seele aus dem Leib. Sie machen das, wie andere Menschen sich die Hände waschen. Nach der Arbeit schnell, husch husch, in die Sauna, da schnell ins Dampfbad, schnell Sex, dann nach Hause, essen, baden, entspannt schlafen. Und dabei haben sie nicht verlernt, wie das ist, wenn man eine Beziehung und da Sex hat. Ich bin mal gespant, wann das von der restlichen Welt übernommen wird, denn da da kann man schon neidisch werden. Die restliche Welt ist meist so kompliziert, was das angeht und stellen den Sex auf einen Sockel, was ihm nicht gut tut. Sowohl dem Sex, als auch den Heten. Es macht ihn so merkwürdig groß, kompliziert und unnahbar. Aber ich schweife ab.

Also es gibt: Händeschütteln, Umarmen, Umarmen + 1 Kuss, Umarmen + 2 Küsse, verschüchtert berühren, aus sicherer Entfernung locker winken, dumpf auf den Boden starren. Mir reicht normalerweise Händeschütteln und umarmen. Ein Kuss für gute Freunde, bei mehr nehme ich gleich die Zunge, das verkürzt die Sache dramatisch. Um mich herum sieht das jedoch ganz anders aus. Da wird auf beide Wangen geküsst, dass es nur so staubt, da wird sich an Oberarmen gepackt, geschüttelt, um die Taille gefasst, geschubbert und und in hohen Tonlagen gequiekt, das ich jedes Mal gerne einen Eimer kaltes Wasser dazwischen werfen möchte. Das zum einen. Zum anderen machen das auch Menschen, die sich nicht leiden können. Und das verstehe ich nun überhaupt nicht. Man grinst sich an, quitscht, haucht sich die Wangen aneinander und dreht sich wortlos wieder um. Never würde ich das tun. Hand geben. Vielleicht. Wenn Sagrotan in der Nähe ist. Aber sonstige Intimitäten? Nein. Nicht in diesem Leben. Ich laß mich doch nicht von jemanden anfassen, der ich am liebsten die Gesichtshaut abkratzen würde. Und da ich weiß, dass ich das machen würde, gehe ich davon aus, dass mein Gegenüber das auch so denkt und ich bin nicht so verrückt mich einer derarigen Gefahr auszusetzen.

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Mittwoch, 19. November 2003

Ok - hat Spaß gemacht an meinem Body rum zu feilen. Sollte ganz gut getroffen sein (Bild)
Zumindest nach den letzten Tagen war es eine kleine Wohltat. Denn Spaß stand nicht gerade auf dem Programm.

Nach dem freudigen Erlebnis mit dem Irren, meinte mein wahrscheinlich bald ehemaliger Lebensabschnittsgefährte mies gelaunt hier ankommen zu müssen und sich ins Bett zu legen. Wogegen ich nichts habe. Die Laune biege ich ihm schon wieder hin, dachte ich. Wogegen ich aber durchaus etwas habe, ist wenn er kommt, einschläft, gegen 02.00 Uhr wach wird, aufs Klo geht, sich wieder hinlegt und weiter pennt, während sich meine Fingernägel in die Fernbedienungstasten bohren. DVD extra laut stellen half auch nichts. So gegen drei platzte mir der Kragen.
Ich bin dann in diese sehr feine enge neue Hose, die mich sehr, sehr glücklich macht, weil ich da drin einen göttlichen Hintern habe, habe was passendes oben rum angezogen und den langen Mantel und bin raus. Nur: was macht man um drei morgens in diesem Outfit in Berlin? Kitkat? Alleine? Ich bin gestört, aber nicht wahnsinnig. Ich hab frierend eine viertel Stunde unentschlossen vor der Tür gestanden, zwei Zigaretten geraucht und bin wieder rein. Vor meiner Haustür wieder fünf Minuten gestanden, bis ich plötzlich extrem sauer wurde. Mit dem Gedanken: "Was mach ich hier eigentlich?" wieder in die Wohnung, ausgezogen, wieder ins Bett. Kerl hat von all dem nichts mitbekommen.
Nächster Tag. Frühstück. Kerl sieht zermatscht aus. Keine Lust auf Diskussionen. Stattdessen später Kino. Merkwürdige Kühle zwischen uns. Abends essen in irgendeinem Laden. Gelangweilte Gespräche. Danach nach Hause, schlafen. Montag morgen Kerl wieder weg. Riesen Enttäuschung. Totale Leere.
Sicher, ich hätte das Gespräch suchen und meinem Ärger Luft machen müssen. Aber ich war viel zu erschöpft, um mich zu bewegen. Ich wollte auf den Arm, ich wollte Sex und Wärme. Ich bekam nichts.
Nun neige ich dummerweise zu Trotzreaktionen. Und so kam Montag dann das, was kommen musste. Mails durchforstet. Da war doch noch dieser T., der immer mal was von Dir wollten. T. kommt. Netter Abend auf dem Sofa. Hat erstaunlich gute Hände, der Mann. Ich bin ein bißchen betrunken, er müht sich ab, aber ich hab das Gefühl dass er ins Leere vögelt. Alle Energie verpufft, verschwindet, verflüchtigt sich bevor sie bei mir ankommen kann. Nichts passiert. Keine Wärme, kein Glück, kein Orgasmus, kein Spaß. Ich fühle mich elend, aber T. ist nicht blöd und merkt was los ist. Statt weiter zu ficken reden wir und irgendwann fange ich an zu heulen. Das macht mich sauer und weil ich es nicht ändern kann, heule ich gleich noch ein wenig mehr. T. ist nett. Er hört zu, er nimmt mich in den Arm, er beruhigt mich und holt Taschentücher. Kein Wort wegen des komischen Abends. Er bleibt da, und ich schlafe ich seinen Armen ein.
Am nächsten Morgen ist mir das alles peinlich. Ich schreibe eine lange Entschuldigungsmail, weil, wenn ich mich schon entblöde, dann wenigstens richtig. Darauf kommt es auch nicht mehr an. T. schreibt nicht zurück. Arschloch. Naja, kann ich ihm auch nicht verdenken. Erst anmachen, dann nur halber Sex, dann zwei Stunden Geheule wegen gemeinem Freund und scheiß Leben. Er hat sicher auch schon mal nettere Abende gehabt.
Eben klingelt das Handy. T. Er sei unterwegs gewesen und habe erst heute seine Mails abgerufen. Ob ich heute Abend Zeit hätte? Aber sicher.

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Samstag, 15. November 2003
Der Mann in der Tür

Freitag Abend. 19.30 Uhr. Meine Laune pendelt zwischen ausgehungerter Wölfin und Atombombe kurz vor erreichen der kritischen Masse. Lebensgefährte kommt erst morgen, statt wie angedacht, heute. Essen vergessen. Lieblingstee mal wieder alle. Gerade nach Hause gekommen. Noch im Mantel. Es klingelt an meiner Tür. Eine Haselmaus in grau. Dick. Wenig Haare. Hässlich. Grauer Anzug. Weißes Hemd. Blaue Krawatte mit Schiffchen drauf. Doppelkinn. Bevor ich "Was denn?" sagen kann, motzt er mich an.

- Sie sind Frau *************?
- Was wollen sie??
- Ich war jetzt schon zweimal bei Ihnen hier oben. Schön, dass Sie diesmal sich entschlossen haben, die Tür zu öffnen.
- Bitte? Sagen Sie mal...
- Nun, darf ich reinkommen?
- Sicher nicht! Guten Tag.
Ein Fuss in der Tür
- Hören Sie, Frau *************, so kommen wir nicht weiter. Wir bekommen Sie ja doch. Das hat einen Zweck.

Ich bin sehr, sehr kurz davor, die Reste meiner guten Erziehung zu vergessen, zische aber nur
- Nehmen Sie den Fuß aus der Tür, oder es wird schmerzhaft.
Er, unbeirrt, sogar noch lauter werdend.
- Mir ist das egal, wenn ihre Nachbarn das mitbekommen, wir können das auch hier regeln.
- Was! Wollen! Sie!
- Steuerfahndung. Sie haben ihre Steuer nicht angemeldet.
- ICH HABE WAS????
- Tun Sie nicht so, wir haben sie schon lange auf dem Kiecker.
- Zeigen sie mal ihren Ausweis.
- Wir sollten rein gehen.

Meine Halsschlagader hatte mittlerweile den Umfang einer alten Eiche. Mit einer Hand zücke ich das Handy aus meiner Manteltasche.

- Ihren Namen, zackzack.
- Ich bin nicht verpflichtet
- Ihren Namen, oder wir beide bekommen hier RICHTIG ÄRGER.
Das Wort "Ärger" hallt ein wenig im Hausflur. Da keift dieser Wicht zurück.
- Wenn Sie mich JETZT NICHT REINLASSEN, wird das SEHR TEUER. Sie sind ja hysterisch.
- Ok, dann ohne Namen.
Ich wähle 110.

Ich: Guten Tag, meine Name ist ***** ich wohne blablabla. Hier ist ein Mann vor meiner Tür, der mich belästigt....
Wicht: Ja, rufen Sie die Polizei! Die werden Sie festnehmen!
Polizist: Was ist denn da los?
Ich: Können Sie nicht einfach schnell jemanden vorbei schicken, der Kerl hat einen Fuß in meiner Tür und bedroht mich.
Wicht: Ja, kommen sie schnell. Diese Frau ist hysterisch.
Polizist: Hat er eine Waffe?
Ich: NOCH NICHT, ABER ICH GLEICH WENN SIE NICHT SCHLEUNIGST HIER HER KOMMEN
Polizist: Handelt es sich um Ehestreitigkeiten?
Ich: Nein!!! Hier ist ein fremder Mann, der mich bedroht. Muss ich mich erst umbringen lassen?
Wicht: ICH BIN VON DER STEUERFAHNDUNG!
Polizist: Nein, nein. Können Sie Nachbarn um Hilfe bitten?
Ich: Soll ich das Treppenhaus zusammen brüllen?
WIcht: STEUERFAHNDUNG, diese Frau ist eine Betrügerin.
Polizist: Wenn es nicht anders geht. Ich schicke mal einen Wagen vorbei
Wicht: NEHMEN SIE DIESE FRAU FEST!
Ich: Bitte. Schnell. Brauchen Sie noch mal meine Adresse?
Polizist: Nein, nein. Bleiben Sie mal dran bis die Streife da ist.
Wicht: ICH WILL JETZT IHRE UNTERLAGEN SEHN.
Polizist: Was will er?
Ich: Meine Unterlagen sehen. Er behauptet von der Steuerfahndung zu sein.
Polizist: Achso. Der darf schon rein. Hat er einen Ausweis?
Ich: Nein! Ich bin mir sogar sehr sicher, dass der nicht von der Steuerfahndung ist.
Polizist: Ach, die haben da schon mal komische Typen.
Wicht: WAS REDEN SIE DA? ICH BIN VON DER STEUERFAHNDUNG, SIE SCHLAMPE.
Ich: Fick Dich, Mopsgesicht.
Polizist: Bleiben Sie ganz ruhig.
Wicht: brabbelt
Ich: Ich versuchs.
Polizist: Hat er sie angefasst?
Ich: Nein, nocht nicht. Soll er mal tun.
Polizist: Bleiben Sie ganz ruhig, sie machen das sehr gut.
Ich: Ich bin nicht schwanger
Polizist: Was?
Ich: Vergessen sies. Dauert das noch lange?`
Wicht: ICH WILL DA JETZT REIN.

Mit einem Ruck drückt er die Tür auf und stürmt an mir vorbei.
Ich: Waaaahhh. Jetzt ist er in meiner Wohnung.
Polizist: (seelenruhig) Gehen Sie doch einfach raus.
Ich: Ich soll den in meiner Wohnung alleine lassen?
Polizist: Also reingehen sollten sie nicht.
Ich: Ach.
Wicht: WO SIND DIE UNTERLAGEN. ICH DARF ALLES SEHEN

Auftritt: männliche Hälfte der neuen Nachbarn.

Nachbar: Alles ok?
Ich: NEIN.
Nachbar: Wasn los?
Polizist: Sind die Kollegen schon da?
Wicht: SIE SIND DRAN, SIE SCHLAMPE. BETRÜGERIN.
Ich: Nein. Die sollen sich beeilen. Der ist ja irre.
Nachbar: Ich kann die Polizei holen.
Ich: Danke, mit der rede ich gerade.
Nachbar: Na dann. Ich wart mal besser bei Ihnen.
Ich: Danke
Polizist: Sagen se mal. Was hat der gesagt?
Ich: Das ich eine Betrügerin bin
Polizist: Nein, wo er herkommen würde,
Ich: Steuerfahndung, verdammt.
Polizist: Achje.
Ich: Wieso?
Polizist: Ach, den haben wir dann wahrscheinlich heute schon mal fest genommen.
Ich: Bitte was????
Polizist: Ich sag den Kollegen mal, dass die sich beeilen sollen, bleiben sie mal dran.

Wicht wühlt mittlerweile in meinen Unterlagen auf dem Schreibtisch und reißt Schubladen raus.
Wicht: WIR KRIEGEN SIE ALLE. WO IST IHR GELD. SIE MÜSSEN ALLES NACHZAHLEN.
Nachbar: Du hast Ärger mit der Steuer?
Ich: DAS SIEHT JA WOHL EIN BLINDER, DASS DER NICHT VOM FINANZAMT IST.
Nachbar: Ach. Naja. Kommen die Bullen jetzt?
Ich: SIND DIE BALD DA, DER NIMMT MEINE WOHNUNG AUSEINANDER.
Polizist: Ja, gleich.
Wicht: SIE SCHLAMPE. SIE DRECKSSCHLAMPE. JETZT HAB ICH SIE.

30 Minuten später stehe ich in meinem völlig verwüsteten Zimmer. Mein Schreibtisch - nicht mehr zu sehen. Der Boden voller Papiere. Die beiden Polizisten haben 10 Minuten gebraucht um den Irren aus meiner Wohnung zu entfernen. Ins Gefängnis kommt er nicht. Ist ja nur Hausfriedensbruch. Aber evtl. mal für eine Woche in die Klapse. Es war schon das vierte Mal innerhalb von einer Woche. Ich hab Anzeige erstattet. Ich brauche über eine Stunde um alles wieder in die Schubladen zu stopfen. Erst dann setzt der Schock ein. Kerl ist endlich zu erreichen. Tröstet mich und sagt, dass es eher morgen Abend, als morgen Mittag wird. Ich lege beleidigt auf, nachdem ich noch was sehr hässliches gesagt habe. Kann mein Leben nicht einmal normal sein? Muss ich immer diese Irren anziehen? Muss die Rache für das letzte Wochenende sein. So ist das, in diesem Scheißleben.

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Freitag, 14. November 2003
Erster Akt

Das meine Nachbarn ungefähr zwanzig Minuten nach dem Ende von "Loriots 80. Geburtstag" angefangen haben zu poppen, sagt auch was aus. Ich weiß nur noch nicht was. Ok, zum einem sagt es mir, dass mein Sexleben eine verschrumpelte Kartoffel ist, die müde im dunkeln vor sich hinvegetiert. Das war auch mal anders. Aber da hatte ich auch keinen Lebensgefährten in Hamburg, der nie Zeit hat. Oder einen anderen Job, der mir mehr Zeit gibt. Im Moment sehen meine Abende immer so aus: Acht Uhr zu Hause, Tütensuppe oder Brot, Post lesen, Mails lesen, Blogs lesen, Fernseher anwerfen, Premiere durchzappen, ggf. DVD einwerfen, anschauen, ins Bett gehen, lesen, schlafen. Ärmlich für eine Frau in meinem Alter. Gut, ich bin nicht verheiratet, da hat man noch weniger Sex.

Ab und an geht mir mein Leben schon mal gehörig auf die Nerven. Sicher, jammern auf hohem Niveau. Aber Unzufriedenheit ist auch ein Motor, gerade für mich. Ich bin nur immer so schrecklich langsam. Es dauert ewig, bis ich aus einer Situation die mich nervt, die richtigen Konsequenzen ziehe. Ich habe eine halbtote Beziehungen ewig hinter mir hergezogen, auch wenn ich ihn mittlerweile mit seinem halben Fußballverein betrogen hatte. (War nicht nett, war zwar nicht der halbe, aber immerhin drei aus dem Laden). Die Leiche brauchte noch vier Monate, bis ich sie fachgerecht entsorgen konnte.
Mittlerweile kenne ich mich gut genug, um zu wissen, wie das bei mir abläuft. (Pro Akt ungefähr drei Wochen)

1. Akt: Unzufriedenheit bemerken
Vorher hat der Teufel die Kreditkarte und seine Helfershelfer die Schuhläden erfunden. Irgendwann ist aber auch mal gut und dann liegt man zu Hause und es ist einem peinlich die ganzen Schuhkartons im Altpapier im Hinterhof abzustellen, also macht man das Nachts, und während um halb zwei draussen über Fahrräder stolpert, fragt man sich, was man da eigentlich macht. Dann ist sie da, die Unzufriedenheit und läßt sich nicht mehr abschütteln. Und man sucht, woran es denn liegen könnte.

2. Akt: Grübeln
Die Gedankenschlange, die man hinter sich her zieht wird immer länger und dauernd latschen irgendwelche Idioten drauf ("Alles ok?" "Fick dich")

3. Zwischenspiel: Trinken und Ficken
Klappt vorzüglich. Wodka zur Hand, ernsthaftes Saufen mit dem Sexualpartner. Und wenn ich ernsthafte sage, dann meine ich ernsthaft. Kein verweichlichtes, verlegenes rumsitzen, sondern ein ernsthaftes gegenübersitzen, anstarren und saufen. Hab ich Finnland gelernt. Erzähle ich noch. Kurzfassung: Hinsetzten, Flasche leer trinken. Erst dann ficken. Aber auch nichts anderes. Keine leeren Problemgespräche. Keine Floskeln. Entweder Maul halten, oder trinken. Gegen Ende der Flasche schon mal anfangen sich auszuziehen. Letzter Schluck im Stehen bevor man poppt.

4. Akt: Kippen
Erst Gefühl von Leichtigkeit und Sieg. Dann: Böser moralischer Kater. Leichte Depression. Unzufriedenheit strikes back und Du merkst: No way out. Aber auch: Großes Schild mit einem Pfeil und der Schrift: "Schau mal da nach"

5. Akt: Trotz und Ärger
Geschaut, erkannt, blöd gefunden. Man sitzt da und brütet, bis einem das Adrenalin unter der Schädeldecke steht. Ich bekomme dann meistens Wutanfälle. Mittlerweile hat sich eine Erkenntnis durchgesetzt. Meist eine, die mir nicht gefällt. Das macht ich extrem wütend (Einzelkind, you know). Endet damit, dass ich irgendwas an die Wand werfe (ganze Weinglas Kollektionen hab ich so vernichtet). Ich tobe etwas rum, laufe wie ein Rumpelstilzchen auf und ab, schimpfe laut und bin unzurechnungsfähig. Dann weinen.

6. Akt: Erkenntnis
Jetzt geht es sehr, sehr schnell. Problem wird ausgemerzt. Radikal. In Problemfällen die eigene Psyche betreffend, wird der innere Schweinehund kaltblütig über den Haufen geschossen. Dann wird gehandelt. Wenn es andere Menschen sind, die mir Probleme machen: ... ok, mittlerweile hab ich gelernt, dass man auch noch mal miteinander reden kann. An meinem Entschluss ändert es leider wenig (remember? Einzelkind)

Ich bin offenbar gerade im ersten Akt. Das kann ja heiter werden.

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Montag, 10. November 2003

[Schmacht Posting On]

Heino Ferch würde ich schon heiraten.

[Schmacht Posting Off]

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Der Abend mit K.

K. hat angerufen. "Los, Miststück, beweg Dich." Er darf das. Besonders, wenn es darum geht mich nach 24 Stunden Dauer DVD Berieslung vom Sofa zu holen. Samstag Abends weggehen. Na ja. Eine Stunde später stehe ich in der Bar, eingezwängt wie eine Olive im Glas. K. reicht mir einen eiskalten Wodka nach dem anderen. Er weiß, was mir gut tut und wie man in solchen Situationen meine Laune pflegt. Auf seinem Weg nach unten wird der Wodka nicht nur langsam warm, er knipst auch noch ein paar andere Dinge an. Das kann heiter werden, dass merk ich schon.

K. sieht gut aus. Er bekommt langsam graue Schläfen, aber die stehen ihm gut. Besonders in diesem warmen Licht, zusammen mit seinem schwarzen Anzug von irgendwem und dem weißen Hemd. Sehr, sehr gut. Dummerweise ist er ein Arschloch. Man kann mit ihm weggehen, aber mehr nicht. Er fickt alles, was auf seine Visitenkarte, sein Cabrio und sein leeres Loft steht. Und das sind sehr, sehr viele. Und die, die sich nicht auf direktem Weg rum kriegen lassen, die werden, wenn es passt, mit Koks gefügig gemacht. K. ist eine wandelnde Line. Egal wie spät es ist, egal wie viel Lines er schon am Abend geworfen hat, er schafft es immer wieder noch eine irgendwo her zu zaubern. So was imponiert kleinen Mädchen, besonders, wenn sie schon drauf sind. Deswegen sind seine Frauen auch selten älter als Mitte 20. Bitte. Wenn es Spaß macht. Die grauen Schläfen helfen da sicher und ich bin mir jetzt gar nicht mehr sicher, ob die wirklich echt sind. Ich bin ja auch drauf reingefallen. Ich war so dicht, dass ich mit ihm an der Bar stand, eine Hand in seiner Hose, er unterhielt sich mit einem Kumpel. Ich wollte ihm, zugedröhnt wie ich war, einen blasen. War ihm zu peinlich. Handjob wollte er auch nicht. Der Flecken wegen. Später hat an mir rumgeschraubt, wir hatten Sex, ich kann mich kaum erinnern, außer, dass ich am nächsten Morgen extremst angewidert von der Aktion war und sein Bad vollgekotzt habe. Ich trinke mehr, mir ist nach ein wenig Wahnsinn. Den kann K. nicht liefern. Er redet, wie meistens, langweiligen Blödsinn. Was mach ich eigentlich hier?

Er zerrt mich raus, wir gehen um die Ecke. Kellerbar, illegal. Das es so was in Mitte noch gibt. Erstaunlich. Achso. Da liegt Geld auf den Tischen. Hier wird gespielt. Wie K. da nun wieder rankommt. Alles feine Leute. Keine bärtigen Jugos mit Gel in den Haaren. Nein. Guter Zwirn, Zigarren, teuer, teuer, teuer. Ich werfe mich in eine Sitzecke. Angeschlagen bin ich, fällt mir auf. K. schwätzt weiter. Ein Kellner stellt eine Flasche Wodka auf den Tisch. Ich glaub, ich spinne. Flagmans Wodka. Und dann auch noch der wirklich gute. Alles klar. Ich bin in einem Hinterhofladen der Russen Mafia. Für einen Moment überlege ich, ob ich gehen soll. Aber wer bin ich, dass ich funktionierende Wirtschaftssysteme kritisiere und außerdem: Flagmans. Ich nehm zwei hintereinander. K. legt seine Hand auf mein Bein, ich schubs sie weg. Das machen wir dreimal. Dann geht K. aufs Klo. Ich schau mich um. Der Laden ist gerammelt voll. Auf den Tischen bündelweise Geld. Die Kerle ziehen die Euroscheine in Rollen aus der Hosentasche. K. ist wieder da. Drückt mir einen weiteren Flagmans in die Hand. Dieses Arschloch. So langsam wird mir klar, was ich hier soll. Vorzeigefötzchen spielen. "Los, spiel", sag ich zu ihm. Er schaut mich erstaunt an. "Wie jetzt?". "Na, da." Ich wedel in Richtung der Tische. "Mach schon."

Eine halbe Stunde später sind wir wieder draußen. Wie gut, dass ab einem Verlust von 350 Euro die Drinks umsonst sind. K. hat 500 verloren, ich hab ihm noch meine 200 aufgedrängt. Jetzt sind wir beide pleite und ich amüsiere mich königlich. K. ist stinksauer. Ich hätte ihn genötigt, dass zu machen. Ich sei ja verrückt. Ich lache und stolpere in eine Bank rein. Mehr Geld ziehen. Gut, am Tisch, hab ich ihn angestachelt, seinen Hintern gestreichelt, ihm ins Ohr gegurrt. So wie ich das in schlechten Filmen immer gesehen habe. Hat wundervoll geklappt, er hat sich um Kopf und Kragen gespielt. Und er hat wirklich keine Ahnung von Black Jack. Bei 16 noch eine Karte zu nehmen. Ich musste mir auf die Lippen beißen, um nicht im Laden laut raus zu lachen. Das mach ich jetzt. Kichernd und schwankend tippe ich meine Geheimzahl ein und so langsam merkt er, was da gespielt wurde. Er zieht wortlos sein Geld, schaut mich böse an und sagt "Ich geh mich jetzt amüsieren. See you". See you. Lachhaft. So ein Pimpf.
Mir ist ganz und gar nicht nach meinem Bett. Jedenfalls nicht alleine. Ich stolpere noch mal in die mittlerweile etwas geleerte Bar, in der der Abend seinen Anfang nahm. Schnell noch einen Wodka. Ich werf mich samt Mantel in eine Ecke, Aschenbecher auf dem Bauch, Glas in der Hand. Nach dem guten in dem Russen-Club schmeckt der hier wie Spülwasser. Na ja. SMS an den Lebensgefährten, der auf einem Weiterbildungsseminar für Makler ist, wo er wahrscheinlich gerade die kleine aus München flachlegt. Noch ein Wodka. Einen Betrunkenen abgewiesen. Der Barmann ist nett, aber wie scheiße ist denn das bitte, wenn man den Barmann anmacht. Geht gar nicht. Überhaupt geht hier in diesem Laden gar nichts. Ich verabschiede mich, falle vor der Tür in ein Taxi. Und treffe die falsche Entscheidung.

Eine Stunde später merke ich wie der Wodka in meinem Magen rumschwappt. Ich hab von meinen 200 Euro immerhin 150 wieder gewonnen. Hat mich eine Stunde gekostet. Neben mir sitzt ein Typ, wohl ein Ukrainer, sagte man, jedenfalls sitzt er neben mir und massiert meinen rechten Oberschenkel. Na, massieren ist übertrieben. Er walkt ihn wie ein Stück Teig. Macht mich nicht geil. Ich bin gerade geil drauf meine gesamte Kohle wieder zu holen. Die anderen Typen schauen an mir vorbei, seitdem der Typ neben mir sitzt. Wahrscheinlich ist der ne bekannte Nummer in der Russen-Szene, was weiß ich. Mir geht es ums Geld. Ich bin gerade extrem geldgeil, denn es gehört mir ja auch. Mein Geld, ihr Ficker. Mit einem 15er Blatt gewonnen. Jetzt noch 10 Euro, die fehlen. Der Typ walkt sich langsam nach oben und rückt näher. Neuer Wodka. Jetzt wird es langsam unübersichtlich. Ich stehe abrupt auf. Der Typ fällt fast vom Stuhl und die anderen lachen. Nicht gut. Ich geh aufs Klo. Die anderen Weiber schauen mich nicht an. Nicht gut. Nicht gut. Nicht gut. "Wer issn das da neben mir" will ich wissen, keine sagt was, nur eine zischt "Verpiß dich". Ja. Ok. Gehen. Gut. Vielleicht noch was von Ks Zeug bevor ich gehe? Kann ja nicht schaden.

Wieder draußen. Geil. Mein Platz am Tisch neben dem Ukrainer ist belegt. Geil. Geil. Geil. Ich schleiche mich zur Bar, zahle, nicht ohne noch einen Flagmans zu genießen. So schnell werde ich hier nicht mehr auftauchen, dass ist sicher. Plötzlich zwei Hände an meinem Hintern, eine Wodka/Rauchfahne an der Wange. Natürlich der Typ. Scheiße. Scheiße. Scheiße. Ich dreh mich um und automatisch legt mir seine Pranken auf die Brüste. Ich schau ihn sehr böse an, er weicht ein wenig zurück, die Hände 2 Zentimeter von meinen Brüsten weg. Schaut mich belustig an und schwankt ein wenig. Im Hintergrund werfen die andern Weiber Dolche. Ich sag ihm "Wenn Du mich ficken willst, dann küss meine Stiefel." Er macht große Augen und sagt "Wenn ich Dich ficken wollte, dann mach ich das". Ok. So kommen wir nicht weiter. Also Staring-Contest. Da bin ich gut drin. Vor allem wo ich mich gerade frisch gemacht habe. Er schaut böse, ich schau böse. Er fängt an wieder meine Brüste zu nehmen. Ich schau böse und weise mit dem Zeigefinger nach unten auf meine Schuhe. Sein Griff auf meine Brüste erhöht sich jetzt von sehr fest, zu verdammt ziemlich fest. Ich schüttel mit dem Kopf und zeig wieder auf meine Stiefel. Dann leckt er mir einmal über die Wange und geht lachend weg. Einfach so. Geht wieder zu seinen Kumpels und lacht. Soviel Glück an einem Abend kann man eigentlich nicht haben. Ich trinke den letzten Rest Flagmans.
Draußen ist die Straße leer. Meine Brüste tun ein wenig weh. Ich will ins Bett. Im Taxi eine SMS: "Denk an Dich. Paß auf dich auf". Schon passiert.

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Dienstag, 4. November 2003
Nette Kolleginnen

Meine Kollegin ist die mistigste, ekelhafteste, widerlichste, hinterhältigste Dreckschleuder die ich jemals getroffen habe. Nach aussen ein kleiner Sonnenschein, nicht doof, macht gerne Witze über ihren Hintern, was sie auch tun muss, da es sonst andere machen würden. Da kann man einfach nicht umhin. Das sie mit sich und diesem Thema nett umgeht hat sie mir eigentlich am Anfang sympathisch gemacht. Es stellte sich aber schnell raus, dass sie leider, leider, leider ein kleines, dummes, vertrocknetes Mäuschen ist und das Selbstbewußtsein einer nassen Socke hat, aber dazu leider, leider, leider von ihren Erzeugern mit einer großen Portion Bauernschläue ausgestattet wurde. Diese Kombination von fatalen Faktoren wird dann explosiv, wenn es sich dazu um einen durchtriebenen, widerlichen Charackter handelt, der nichts anderes kann, als dass eigene moralische Wertesystem als Maßstab für das Verhalten und das Leben anderer Menschen zu nehmen. Das bringt dann Leute, wie diese Drecksbratze hervor, die Sätze wie "Ach, heutzutage kann ja jeder machen was er will" sagt und dann heimlich bei ähnlich gelagerten Spätentlassungen aus der Landesklinik über diese und jene Verfehlung den Inhalt ihres Kübelmauls ausgießt.

So Leute machen das nie direkt. Wenn ein, in ihren Augen mißliebiger Kollege, mal einen Durchhänger hat, dann kommen Sätze wie "Ach der arme, der braucht mal Ruhe. So unausgeschlafen wie der ist, kann das mit der Arbeit ja auch nix werden. Das geht ja schon lange so." Genau den Satz hörte ich heute über einen Kollegen, der sich gerade seinen Beziehungsfrust runter trinkt.

Sie gehört zu diesen Schlampen, die einen nett anlächeln, die sich in der Firma um dies und jenes kümmern (Weihnachtsfeierwichteln), die ein sonniges Gemüt vor sich herschieben, die irgendwie immer da sind und alle kennen. Und deswegen haben so Sätze dann plötzlich auch Gewicht. Denn was bleibt im Kopf hängen? Nicht das er Probleme welcher Art auch immer hat, sondern dass er mit seiner Arbeit nicht nach kommt. Und das wissen die genau. Und so geht das den ganzen Tag. Alles, was nicht ins Weltbild paßt wird abgemobbt, niedergemacht. Es wird so lange gestichelt, es wird so lange Scheiße erzählt, bis es beim Chef, der Personalabteilung oder sonst wo landet. Ausgang ungewiss. Und wenn der Kerl dann Job und Karriere los ist, dann kommt oft noch ein "Na, der hat hier ja auch nicht unsere Familie gepaßt". Familie. Wenn ich das schon höre.

Wenn ich ja wüßte, dass sie mein Paket bei diesem dämlichen Wichteln bekommen würde, dann wäre da neben Kreide auch ein Vibrator drin, nebst der Anweisung diesen jedesmal zu benutzen, wenn sie auf die Idee kommt, über jemanden zu hetzen. Man kann nur hoffen, dass sie sich von ihrem hundeäugigen Dauerfreund endlich schwängern läßt und dann nur noch die Nachbarschaft terrorisieren kann.

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Freitag, 31. Oktober 2003
Wenn die Nachbarn 53mal hämmern

Neue Nachbarn. Seit dem Wochenende. Nette Menschen, doch, doch. Stellten sich mir am Sonntag Abend vor, nachdem ich zwei Tage ungeduscht im Bett lag, eine Stimme aus mir herausbrach, die von ganz weit unten kam, nein, von sehr weit unten und die auf ihrem Weg noch dreimal kehrt gemacht hat um am Ende erschöpft doch anzukommen, und einer Frisur, bei der mein Friseur Tränen der Verzweiflung bekommen hätte. Oder mich verstoßen. Wer weiß das schon. Jedenfalls machte ich derartig derrangiert die Tür auf, als es klingelte. Warum ich das gemacht habe? Weil ich eigentlich die Nummer 73a erwartet hatte (geröstetes Hühnerdings mit irgendwas) und da muss man ja leider die Tür aufmachen, aber dann steht da ja immer ein kleiner Chinese/Koreaner/Vietnamese/Taiwanese/Kambodschaner, dem man schon im Gesicht ansieht, dass er deutsche Frauen für wiederwärtige, arrogante, faule, zickige, amoralische Schlampen hält, womit er wahrscheinlich meistens auch noch recht hat. Und ich bürste nicht stundenlang meine Haare, nur um jemandes Vorurteile ins Wanken zu bringen.
Wie groß die Überraschung meiner Nachbarn war, als sie mich mit Bademantel , einem Storchennest auf dem Kopf, ausladenden Fellpantoffeln (getigert) an den Füssen und einem Zwanzig-Euro Schein in der Hand antrafen, kann ich nur grob schätzen. Meine war jedenfalls groß. Immerhin konnte ich mich gerade eben noch retten und die Situation mit einem "Sie bringen mir wohl nicht Nummer 73a" abschwächen. Dachte ich. Leider war der Humor nur auf meiner Seite. Ein gequältes "Oh -wir stören wohl. Wir wollten nur Hallo sagen, weil wir die neuen Nachbarn sind" kroch über die schmalen und leider mit leicht pinken Lippenstift versehen Lippen einer Frau mit blonden Pagenschnitt, während der Kerl versuchte mir nicht auf die Fellpantoffeln zu starren. Immerhin weiß ich jetzt, wie man Männern davon abhalten kann einem auf die Brüste zu starren.

Das war schon mal nix. Die folgende Tage hörte ich meine Nachbarn nur bohren und hämmern. Allerdings fiel mir zum ersten Mal auf, wie hellhörig die Wohnungen zum direkten Nachbar sind. Die Vormieterin war eine verhuschte Lehrerin, die sich wahrscheinlich nur schwebend bewegt, oder die Wohnung mit Eierschachteln abgedämmt hatte. Gehört hab ich von der jedenfalls nie was. Das hat sich nun geändert. Deutlich geändert. Dramatisch geändert. So ab halb elf Abends unwideruflich geändert. Denn das nachbarliche Schlafzimmer grenzt an meins, und das Kopfende ihres Bettes steht ungefähr fünf Zentimenter von meinem entfernt, getrennt nur durch Ostblocksteine und einer dünnen Tapete.
Es kam, wie es kommen mußte. Nachdem die Umzugserschöpfung abgeklungen und alle Nägel genagelt waren, dachte der Herr des Hauses wohl, es sei an der Zeit zu Abwechslung seine Frau zu nageln. Wie groß mein Schock war, als ich, missmutig meinen Tee trinkend und gelangweilt den Spiegel durchblätternd, die Stimme meines Nachbarn vernahm, der laut stöhnend zu seinem Weib sprach:" Oh ja, laß Dein Höschen runter.", kann man gar nicht beschreiben. Erst dachte ich, ich hab mich verhört. Reste des Fiebers. Zu früh wieder arbeiten gegangen. Grüner Tee Rausch. Es blieb dann auch erstmal still. Drei Minuten später rauschte es wieder durch die Wand "Oh, ja [irgendwas unverständliches], jetzt leck ich Dich."
Ok. Immerhin nicht verrückt geworden, dachte ich, freute mich kurz, als es eine Minute später anfing zu hämmern. Das Bett der netten Nachbarn steht offenbar nicht besonders fest oder ist minderer Qualität, jedenfalls schlug es rhythmisch gegen die Wand. Die Hoffnung, dass die beiden mal die Stellung wechseln, wie es jeder vernünftige Mensch mal macht, zerschlug sich jedenfalls schnell. Hektisch suchte ich meinen CD Player, den ich unter einem Berg aus FAZ, SZ und Zeit fand, als mit parallel einfiel, warum die Batterien auf der Kommode im Flur liegen. Was macht man da? Musik aufdrehen? Ist das nicht ein bißchen wie "Wäwäwä - Ich kann euch ficken hörenI"?
Hab ich es mir halt angehört. Das "Uh" und "Ach" und "Ja, genau so" und "Schneller" und "Nicht so schnell" und "Ja, genau da" und "Oh" und "Ohja" und "Ja, küss meine Brüste" (?) und "Warte auf mich" Letzteres war dann nur ein Wunsch. Weil das langweilig war, weil ich schon die Augen verdreht habe, als ich "Küss meine Brüste" gehört habe, hab ich halt das Klopfen des Bettes mitgezählt 53mal. Gestern waren es nur 40mal. Eben, wenn ich richtig gezählt habe, 25. Das ändert aber nichts an dem "Oh" und an dem, ungefähr mittig plazierten "Küss meine Brüste".

Ich hab jetzt ein wenig Angst, sollte ich in dieser Wohnung doch mal wieder die Kissen mit jemanden zerwühlen. Das wird mit sehr großer Sicherheit zu interessanten Begegnungen im Treppenhaus führen, denn ich befürchte, dass zwischen unseren Wünschen und der Art der Diktion ein nicht zu unterschätzender Unterschied besteht.

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Montag, 27. Oktober 2003

Gerade eine Stunde einen Text geschrieben. Eine Stunde. Über meinen heutigen Hosenkauf. Über meine neue, absolut perfekte Hose in der ich gerne sterben möchte, weil ich darin den Hintern einer zwanzigjährigen habe. Zusätzlich brandneue Gerüchte meines schwulen Kollegen über Outings. Obendrauf Andeutungen über den erotischen Inhalt eines Telefonats mit meinem Lebensgefährten. Als Sahnehäubchen Phantasien wegen der Hose.

Aber alles was ich nach einer Stunde von dieser Software bekam war.

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Danke.

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Freitag, 24. Oktober 2003
Rasende Eifersucht

Während der kläglichen Niederlage der NY Yankees hatte ich genügend Zeit noch mal über das Thema Eifersucht nach zu denken.
Ich war früher rasend eifersüchtig. Mein erster Freund musste nur mal eine Stunde zu spät kommen, oder eine Verabredung absagen. Schon malte ich mir in den schönsten Farben aus, was und vor allem mit wem er gerade seine Zeit vertrieb. Das änderte sich auch nicht bei den nächsten Freunden. Immer wurde ich gequält von dem Gedanken, dass der Kerl sich gerade eine andere aussuchen würde, dass er mit einer anderen im Bett liegt. Ich kontrollierte Hosentaschen, Mäntel, Kondombestände, machte Kontrollanrufe, schaute unangemeldet vorbei und ließ auch sonst nichts aus, um mich völlig zu entblöden. Irgendwann war ich mit meinen Nerven am Ende und die Freunde auch, die sich schnell wieder verabschiedeten.

Geheilt wurde ich dann per Rosskur, als ich meinen damaligen Partner in flagranti ertappte. Klassische Szene. Ich hatte einen Schlüssel für seine Wohnung, komm rein, und sehe die beiden, die mich natürlich nicht bemerkt hatten, sich fröhlich verlustieren. Der gleichzeitig einsetzende Schrei- und Heulkrampf trennte die beiden allerdings schneller, als es ein Eimer kaltes Wasser getan hätte.
Natürlich hab ich mich sofort von ihm getrennt. Ich war zu tiefst verletzt, hatte klaftertiefe Risse in meiner Seele und war paralysiert. Wie konnte er nur... etc.
Komischerweise wurde ich aber nicht zu einem kleinen ängstlichen Häschen. Im Rückblick wäre das logisch gewesen. Aber der Eimer Wasser war über mich ausgeschüttet worden, und ich wurde langsam wach. Ich begriff, dass ich nichts ändern kann. Ich begriff, dass man niemanden einsperren kann, dass man niemanden zwingen kann, und dass die Worte "Ich liebe Dich" für etwas anderes stehen, als für ewige körperliche Treue.

Irgendwann weinte ich nicht mehr aus Eifersucht, sondern wenn mir Liebe entzogen wurde. Ich hab gelernt das zu trennen. Einerseits die großartige Liebe zu einem Menschen, andererseits der Sex. Sicher, beides zusammen ist wundervoll. Aber mal ernsthaft: Wenn man über Jahre hinweg zusammen ist, dann trennen sich die beiden Dinge. Wieviele Bekannte höre ich jammern, dass nach fünf oder sieben Jahren ihrer Beziehung, die Fenster öfter geputzt werden, als die beiden Sex haben. Oder dass es langweilig geworden ist, weil es immer, immer wieder den gleichen Ablauf gibt.
Wundert mich nicht. Es ist schön, wenn man die Griffe und Varianten des Partners kennt und sich auch mal auf genau so das freut, aber auf Dauer denkt frau sich dann auch gerne mal "Nicht schon wieder die Nummer".

Letzlich bemerkte ich eine totale Absenz von Eifersucht. Mein Lebengefährte kann neben mir mit einer anderen Frau knutschen. Mir egal. Ich hab ihn eh meistens dazu angestifet. Wenn sie danach Telefonnummer austauschen. Bitte schön. Wenn er sie trifft. Mach doch. Er kann so lange rumpoppen bis er blau im Gesicht ist, solange er drei Dinge beachtet:
Erstens: Kondome
Zweitens: Wiederkommen
Drittens: Sein Herz gehört mir, mir, mir.

Ich mache so Dinge meist am Anfang einer Beziehung klar und - dass ist das paradoxe - sie kommen selten zur Anwendung. Jedenfalls von ihm. Meine letzten beiden Kerle sind absolut treue Seelen. Gut, der Makler knuscht gerne rum. Aber mehr auch nicht. Er fragt höchstens, ob er sie mit nach Hause nehmen darf, was ich ihm regelmäßig verbiete. Das ist aber reiner Egoismus, denn wenn wir schon mal zu Dritt im Bett landen sollten, dann will ICH die dritte Person aussuchen. Ansonsten ist er die Treue in Person. So weit ich weiß. Ich frag da nicht nach.
Ich bin da etwas anders, wie man ja hier schon lesen konnte, und er hat da hier und da seine Probleme. Aber eins hat er schon gelernt. Ich komme immer wieder nach Hause. Ich mag nicht eifersüchtig sein, aber ich liebe ihn und ich weiß, was es bedeutet jemanden zu lieben.

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Mir ist immer noch langweilig

Meine Stimme ist weiter auf Wanderschaft. Jedenfalls ist sie nicht da. Mein Hintern hat vom rumliegen die doppelte Breite bekommen (na gut, auch vom Kakao, den zwei Tafeln Toblerone [moment - sagt man bei Toblerone eigentlich "Tafeln"? Das ist doch keine Tafel, dass ist doch eher ein "Streifen" oder sowas. Zufälligerweise Schweizer anwesend?])

Ich hab seit Jahren nicht mehr so viel geschlafen. Ich wache auf, stolpere in die Küche, mache Tee, leg mich wieder hin, trink die Kanne Tee, schlaf wieder ein. Immer wieder.
Jetzt bin ich gerade wach. Sehr wach. Ich werde mir in zwei Stunde die Playoffs der World Series ansehen und den Yankees die Daumen drücken, auch wenn alle anderen sie hassen, weil sie sowas sind, wie Bayern München in Deutschland. Alte Angewohnheit aus meiner Zeit dort drüben. Achja, ich rede gerade über Baseball. Interessiert ja hier keinen.

Eigentlich wollte ich ja was anderes machen. Nämlich den Fragebogen vom Dahlmann ausfüllen. Hab ja sonst nix zu tun.

1. Wie gehts?
Beschissen. Meine Nase ist eine Ampel. Mein Kopf ein Auffangbehälter für halbfeste Flüssigkeiten, mein Körper fühlt sich an wie mit einer Dachlatte durch geprügelt, meine Haare sind fettig. Ansonsten toll

2. Die letzte Mahlzeit bestand aus was?
Hühnerbrühe. Aus der Dose. Aber immerhin warm.

3. Was trinkst Du gerade?
Grüner Tee. Plain, straight, pure.

4. Schon mal Vanilla/Cherry Coke getrunken?
Selbstverständlich. Ich bin ein Mädchen, ich muss sowas trinken. Auch Cola Light Zitrone, obwohl ich Cola Light hasse. Ich hab auch alle, alle anderen Light Produkte ausporbiert. Ich bin da hemmungslos. Wahrscheinlich löst sich meine Leber und meine Galle deswegen irgendwann auf, aber man muss halt Opfer bringen.

5. Tageschau? Heute? RTL Aktuell? CNN?
BBC! Hah!. Tagesschau und Heute kann man nun wirklich nicht sehen. Heute ist allerdings besonders schlimm. Wenn ich Petra Gerster auf dem Fernsehschirm sehe, laufe ich vor Wut rot an. Ich muss sofort umschalten, weil mich ihre blöde, betuliche Art unendlich nervt.

6. Das letzte Mal gelacht? Worüber?
Keine Ahnung. Ich glaub, dass war in Frankfurt über irgendeinen Witz von Thomas Gsella. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, ich war da schon betrunken.

7. Schlimmste Idiosynkrasie?
Käfer. Dicke, schwarze, eklige Käfer. Ich bin nachts mal wach geworden, weil so ein Ding über meinen Arm krabbelte. Das war nicht besonders schön. Deswegen gibt es mit mir auch keine Fernreisen nach Süd-Ost-Asien, ausser man bringt mich in einem Fünf-Sterne-Ding unter, wo es handtellergroße Kakerlaken ja wohl nicht gibt. Oder?

8. Das Wort aus Frage Sieben nachschlagen müssen?
No.

9. Das letzte Mal jemanden beleidigt?
Heute. Eine Tusse aus einem Callcenter, die mich zum dritten Mal anrief, ob ich nicht doch eine Zeitung.... das war nicht nett, was ich sagte, aber wer nicht hören will, muss eben...äh... hören.

10. Das letzte Mal an Sex gedacht?
Sex und Grippe gehen sowas von gar nicht zusammen.

11. Wann hast Du das letzte Mal jemanden etwas geschenkt und was war das?
Die Flasche Whiskey neulich meinem Tablettenfreund von oben

12. Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren oder Stachelbeeren?
Erdbeeren. Aber nur als echte Frucht. Stachelbeeren? Wo gibt es die denn noch.

13. Liebst Du jemanden?
Aber hallo

14. Neben welchen Prominenten würdest Du gerne beerdigt sein?
Ich bevorzuge verstreut zu werden. Möglichst über dem Wasser.

15. Wann warst Du das letzte Mal eifersüchtig und wieso?
Ich bin nicht eifersüchtig. Ich bin schon mal verletzt, wenn man mir Liebe entzieht, aber das ist wohl was anderes.

16. Der letzte Rechner Absturz?
Ui. Lange her. Irgendwann vor ein paar Monaten. Mit XP gehört sowas ja der Vergangenheit an.

17. Schon mal ne Pornoseite angeschaut?
Jau. Mein letzter Freund, also der vor dem Makler, war wohl so ein Junkie. Jedenfalls entdeckte ich eine hübsche Bookmarksammlung, als ich mal an seinem PC saß. Ich hab mich durch geklickt und mir stundenlang (!!!) die Seiten angesehen. Teils amüsiert, teils gelangweilt, teils ganz schön spannend.

18. Und?
Ich hab nichts gegen Pornographie. Es gibt ganz nette Seiten, aber ich geb mein Geld lieber für andere Sachen aus.

19. Steuern bezahlt?
Hups.

20. Wirklich alle?
Siehe oben.

21. Der schönste Schlußsatz eines Buches?
Keine Ahnung. Wer merkt sich denn sowas???

22. Dein erstes Konzert?
Ich bin erst sehr, sehr spät auf Konzerte gegangen. Ich glaube, dass war ein INXS Konzert, Anfang der 90er.

23. Dein letztes?
Robbie

24. Du hast 10.000 Euro gewonnen. Du kannst alles behalten, oder alles "Ärzte ohne Grenzen" spenden. Was machst Du? (Nicht lügen!)
Pfff.... Behalten.

25. Sonnen- oder Gefrierbrand?
Lieber Hitze als Kälte. Kälte macht mich aggressiv.

26. Hoher oder niedriger Blutdruck?
Normal.

27. An der Wand oder am Rand schlafen?
Kommt darauf an, wer neben mir liegt. Mein Freund schläft an der Wand. Liegt aber daran, dass er schnarcht und ich vom Rand besser aufs Sofa flüchten kann.

28. Das letzte Mal geweint?
Mai 2002.

29. Das letzte Mal auf dem Friedhof?
Mai 2002.

30. Das letzte Mal platzen können vor Glück?
Ähm...keine Ahnung? Vor Aufregung platze ich hier und da mal, wenn ich mal wieder was nettes plane.

31. Allein oder Einsam?
Allein. Einsam ist doch wohl kaum einer. Einsam ist man, wenn Eltern, Freunde und Bekannte alle tot sind. So wie bei meinem Onkel, der niemanden mehr hat.

32. Aktuelle Lieblings CD?
"Best of Dave Brubeck" Kann man schön bei schlummern.

33. Letzte TV Sendung?
Harald Schmidt. War langweilig.

34. Wofür schämst Du Dich heute noch?
Wenn ich das ALLES aufschreiben würde, sprenge ich den blogger.de Server.

35. Hoffnung oder Vertrauen?
Hoffnung

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Mittwoch, 22. Oktober 2003
*hust*

Das mich eine Erkältung in ihren Klauen hält, halte ich für eine absolute Ungerechtigkeit. Mal davon abgesehen, dass eine Erkältung aus jedem gutaussehenden Menschen, etwas macht, was einem abgewrackten, unter liberianischer Flagge fahrenden Öltanker nicht unähnlich sieht, hasse ich diesen dumpfen, leidenden Zustand. Der Kopf will explodieren, die Nase weglaufen, und was sich da in meinem Hals abspielt scheint ene Art Atomkriegszenario zu sein. S., die sich meine beste Freundin schimpft, versorgt mich nicht nur mit DVDs, Essen und neuen Taschentüchern, sondern auch mit Häme. Als meine Stimme noch funktionierte meinte sie, ich möge doch in einem "Tom-Waits-Ähnlichkeits-Wettbewerb" teilnehmen, jetzt wo die Stimme ganz aufgegeben hat sprach sie von "Umweltschutz".

Schlimm auch, dass mir langweilig ist. Ich gebe es zu, auch wenn der Satz "Mir ist langweilig" heute zu den "NoNo" Aussagen gehören. Warum darf einem eigentlich nicht mehr langweilig sein? Sagen Sie mal in einern größeren Runde "Und dann hab ich mich zwei Tage gelangweilt" und mindestens die Hälfte der Leute sagt Sätze wie "Sowas kann mir nicht passieren. Mir fällt immer was ein. Ich kann mich gut beschäftigen. Langweile kenn ich nicht." Wenn man aber drei Tage rumliegt und vor lauter Verzweiflung die "8 Frauen" DVD dreimal gesehen hat, wenn die Bücher einen nicht interessieren und selbst auf Premiere nur Schrott läuft, wenn man sich allerhöchsten mal zwischen Bett und Sofa bewegt, literweise grünen Tee in sich reinschüttet und einen selbst die "Best of Leonard Cohen" nicht mehr hilft, wenn das Internet zu anstrengend, der "Tagesspiegel" zu uninteressant ist, dann wird einem langweilig.
Dann wird einem so langweilig, dass man damit beginnt, langweiliges, jammerndes Zeug in sein Blog zu stellen.

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Samstag, 18. Oktober 2003
Allein

Heute überrascht festgestellt, dass ich ein Wochenende habe, an dem ich mal völlig allein bin. Und keine Arbeit habe. Und niemand vorbei kommt. Ungewöhnlich, da ich ja sonst immer in Hamburg bin, oder es meinen Freund ab und an nach Berlin verschlägt. Ich musste lange überlegen, wann ich das letzte Mal so allein war. Muß im Juli gewesen sein.
Dabei liegt mir das Alleinsein durchaus. Nach dem ich heute bemerkte, dass ich nichts vorhabe und niemand was von mir will, hab ich mich kurz in den Supermarkt meines Vertrauens geworfen, Dinge wie Kakao, Tee, Zeitungen, Joghurts und anderes Zeug gekauft, bin nach Hause gegangen, hab mich in die Badewanne gelegt und eine ausgiebige Orgie mit meinem Töpfen, Tiegeln und Fläschchen erlebt. Jetzt riech ich nach einer Mischung aus Pfirsich, Vanille, Kokos und Gilette Rasiergel und bin sehr, sehr entspannt. Allerdings: Wenn ich entspannt werde, dann werde ich auch entscheidungsunfreudig. Soll ich den Apfel-Wintertraum Tee trinken? Oder doch den Kakao? Solche Entscheidungen kann ich in einem entspannten Zustand einfach nicht treffen. Ich stehe hilflos davor und würde am liebsten beides haben wollen. Was ich dann auch gemacht habe.

Das ich jetzt so nett rieche, hat einen sehr angenehmen Nebeneffekt. Zum ersten Mal hab ich nicht mehr den Geruch einer feuchten, modernden Altbauwand in der Nase. Die Decke soll zwar trocken sein (man hat den Boden meines Nachbarn, der immer noch im Krankenhaus liegt, zwar mit irgendwelchen, monströs lauten Heizdingern versucht trocken zu bekommen, aber ich kann nicht glauben, dass das so schnel geht), aber hier und da weht ein Duft von Friedhof durch meine Wohnung.

Was mich daran erinnert, dass ich früher gerne alleine auf Friedhöfen unterwegs war. Gerne auch in der Dämmerung, aber nie wenn es völlig duster war, da fühlte ich mich dann doch unwohl. Die schönste Zeit auf dem Freidhof war morgens. Im Frühjahr. Wenn die Sonne ganz langsam die Nacht vertrieben hat, wenn das Grau am Horizont auftauchte und das Licht messerscharfe Schatten warf. Dann hab ich da gerne auf der Bank gehockt, schwerstverdauliche Barock Lyrik gelesen und mein Schicksal beweint. Denn damals war nicht alleine, damals war ich einsam. Ich war häßlich, klein, hatte keinen Busen, dafür einen, wie ich fand, fetten Hintern. Ich hatte Pickel, trug eine Brille, für deren Auswahl ich meine Mutter noch heute erschlagen könnte ohne mit der Wimper zu zucken und war dummerweise auch noch gut in der Schule. Typ Streberin. Ich sah mich natürlich völlig anders. Ich hatte damals schon nicht eben jugendfreie Ansichten, lebte massiv meine Depressionen aus und wollte die wahre, reine Liebe finden. Meine Eltern waren zumeist unterwegs, und Freunde hatte ich kaum. Denn die, sich mit der "Streberin" anfreunden wollten, waren mir zu blöd. Sie waren harmlos, langweilig und lasen sowieso die falschen Bücher. Wenn sie denn lasen.
Also verbrachte ich sehr viel Zeit auf Friedhöfen, machte mir Gedanken darüber, wie ich die Menschheit vernichten könnte, schloß mich mit Serge Gainsbourg in mein Zimmer ein und wurde merkwürdig.
Änderte sich erst, als ich mich einen Tages dabei ertappte, wie mit einer Rasierklinge an meinem Oberarm rumfummelte, weil ich mir "Fuck you" als Statement gegen die Welt einritzen wollte. Na, weil ich Aufmerksamkeit haben wollte.
Da war ich 15 oder 16 und ich war sehr, sehr alleine, denn der einzige Mensch, mit dem ich regelmäßig sprach, war die Haushälterin. Ich ging schweigsam zu Schule, ich redete dort nur in den Unterrichtsstunden, ging schweigsam nach Hause, redete mit Frau Henneke, saß schweigsam in meinem Zimmer, saß schweigsam auf dem Friedhof, wechselte Abends mit meinem Eltern ein paar Worte und legte mich schweigsam ins Bett, wo Gedanken und Hände einen Moment der Unvergänglichkeit schafften. Das ging ein paar Jahre so, bis ich mit der Klinge da saß, und es in meinem Kopf "Klick" machte. Am nächsten Tag stand ich auf, ging schweigsam zur Schule und semmelte der blöden Kuh, die sich immer über meine Pickel lustig gemacht hatte, den Diercke Weltatlas mehrfach ins Gesicht. Ich ließ die Haare wachsen, zwang meine Mutter, mir alle auf dem Markt befindlichen Anti-Pickel Sachen zu kaufen, hörte auf in XL Hemden rumzulaufen und kaufte mir heimlich "Die Geschichte der O" und die Tagebücher von Anais Nin. Die las ich allerdings immer noch auf dem Friedhof.
Jedenfalls dauerte die Veränderung vielleicht ein halbes Jahr. Als meine Pickel weg und die Brüste sichtbar waren, wurde ich erstaunlicherweise auch von Jungs angesprochen. Ich lud sie zu mir nach Hause, warf meine erste Party (7 Gäste, DuranDuran in Endlosschleife, Eistee und Cola) war seitdem nie mehr einsam.

Bewahrt habe ich mir allerdings das Glück des Alleinseins. So wie eben, als es wundervoll still in der Wohnung war. Als die Heizung leise klickte. Als Kakao und Tee vor sich hindampften, aus dem Ausschnitt meines Badesmantels dieser Geruch hochströmte und ich den Moment küsste.

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