belledejour
 

 

Zuviel Wein, gestern. Aber anders ließ sich das nicht ertragen. Ja, meine Mutter hat mir auch mal erklärt, dass man nicht so viel trinken soll, und Sorgen schwimmen im Alk auch immer oben. Aber schließlich konnte ich meinen Freund nicht alleine da stehen lassen, denn das war natürlich mal wieder eine wichtig, wichtig Abendnummer, wo man auch nette Kontakte knüpfen kann und überhaupt. Er ist Makler, na so was in der Art zumindest. Na bitte. Was sucht die sich auch so einen Courtage-Geier aus, hör ich da Leute murmeln. Ich hab ihn mir ja nicht ausgesucht. Ich hab mir ne Wohnung ausgesucht, damals, als ich nach HH kam, und bekam - nein nicht direkt - aber über Umwege dann auch ihn. Es dauerte was, da er noch in einer Beziehung mit einer Arzthelferin steckte, deren Hintern so breit war, wie ihr Hirn klein. Müsste man auch mal nachforschen, ob es da einen Zusammenhang gibt.
Jedenfalls stieg er mit mir ins Bett, kaum dass es zusammengeschraubt war. Ich empfand das als einen ordentlich Start in die Stadt. In Frankfurt hatte selbiges fast ein Jahr gedauert.
Mein Freund geht mir in vielen Dingen auf den Senkel. Er ist oberflächlich, er ist zu gut angezogen, er kreischt, wenn er beim Essen mal schlabbert, er hört wirklich, wirklich schlechte Musik (Ich sag nur "Best of Tina Turner") und seine Allgemeinbildung ist, sagen wir mal, lückenhaft. Er entspricht ganz wunderbar dem Klischee eines Maklers. Aber es gibt zwei Dinge an ihm, die mich einfach bei ihm halten. Erstens: Er hat ein Herz von der Größe eines Pottwales. Nicht seinen Kunden gegenüber, aber für mich, und das reicht ja. Zweitens: Er kann ficken. Achja, nochwas. Er läßt mir meine Spielereien.
Bei zweitens hat die Damenhandtaschenfraktion unter den Lesern wahrscheinlich schon aufgestöhnt. Ja, mir ist das mit dem Sex leider wichtig. Wenn ich keinen habe, bin ich nervig, unausgeglichen, werde zu einer versoffenen Schlampe mit einem Hang zum psychopathischen. Seit dem ich bewußt an Sex denke, will ich ihn auch haben. Ich bin nicht nymphoman, ich ficke ganz sicher auch nicht mit jedem. Selbst wenn ich ausgedörrt wie eine Backpflaume bin und man mich in Villingen-Schwennigen in die Dorfdisko packen würde, mit einem Dutzend nackter, gut gebauter Johnny Depp Doppelgängern - No Sir. Ich habs mal zwei Jahre ohne ausgehalten, allerdings gebe ich zu, dass am Schluß selbst meine fette Nachbarin beneidet habe, wenn sie sich hörbar mit ihrem Alkoholiker die Zeit vertrieben hat. Aber einfach so? Never. Ich will bestimmte Dinge tun, bevor ich mit jemanden in der Kiste lande:

- Reden
- Schauen wie einer sich bewegt
- Sehen wie trinkfest er ist
- Schnuppern. Wenn ich ihn nicht riechen kann, vergiss es.
- Sexuelle Vorlieben abklappern. Jedenfalls ansatzweise. Wenn er davon schwärmt, meinen Körper stundenlang sanft zu streicheln, kann er gleich wieder gehn. Die Streichelorgien hat man mit 15, und selbst damals konnte ich sie nicht leiden. Nie werde ich das Gesicht von M. vergessen, mit dem ich mit 16 knutschend auf meinem Bett lag und er stundenlang meinen Rücken streichelte, dann den Bauch, immer haarscharf an meinen Brüsten vorbei. Irgendwann platzte mir der Kragen. Ich riß mir das T-Shirt vom Leib, presste seine Hand auf eine Brust und sagte genervt: "Nu mach schon, Mann, meine Eltern sind nicht ewig weg".

Sonntag, 5. Oktober 2003, 17:51, von anne | |comment

 
ich lasse ein kleines "hihi" fallen und freue mich.

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Schön beschrieben :-)
Da fällt mir ja so manches zu ein, vor allem aber, wie ungeheuer wichtig Geruch ihr ist und wie sie sich bewegt und wie sie spricht.

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