belledejour
 

 
Montag, 6. Oktober 2003
Frankfurt, mon amour

Horrorwoche. Zwei Tage Berlin (hübscher, depressiver Landregen gerade) und drei Tage Frankfurt. Buchmesse. Die Hölle. Dabei sind es noch nicht mal die debilen Verlagsvertriebler, die einen mit ihrem zumeist schmierigen Anmachen ("Na, nachher noch ein Gläschen Prosecco bei uns am Stand? Autor XX ist auch anwesend!") das Leben zur Hölle machen.
Junge, Prosecco trinke ich nur, wenn ich völlig verzweifelt bin und, das Waschbenzin schon leer ist, und Autor XX interessiert mich nicht die Bohne. Arrivierte Autoren sind zumeist unerträglich. Pimpfige Mimosen, die in zu großen Anzügen versinken, unerträglich leise sprechen und fahrige Bewegungen mit ihrem Armen machen. Es sind bestimmt nette Menschen, wenn man mit ihnen zu Hause bei einem Glas Wein parliert, aber wenn solche Einsiedler aus ihrem natürlichen Biotop gerissen und in den Zirkus geschubst werden, dann laufen sie mit großen, ängstlichen Augen herum und fragen sich, wer ihnen da eigentlich andauernd die Hand schüttelt. Sie tun mir meistens leid. Werden präsentiert wie ein Pappaufsteller, von einer Verlags PR Frau im Kreis gedreht, und lernen Sub-Ateilungsleiter A vom bayrischen Gr0ßhändler B kennen. Hat er sich bestimmt schon immer gewünscht, der Autor.

Schlimm sind auch die vielen Autoren, die auf der Suche nach einem Verlag sind. Wer einmal die Abgründe der menschlichen Psyche kennen lernen will, sollte sich drei Tage an den Stand eines Verlages stellen. Eigentlich ein Fest für Psychologiestudenten im siebten Semster. Normaler Begrüßunssatz "Guten Tag, ich habe hier einen fertigen Roman, in dem ich aufdecke, dass der Bundeskanzler/US Präsident/Illuminaten/Freimauer von einer dreibusigen Außerirdischen abhängig ist, die ihm langsam das Gehirn raussaugt/ heimlich SM treibt und sich von Margret Honeker auspeitschen läßt/ eigentlich Elvis ist/ mit meiner Ex Oralverkehr hat."

Apropos Oralverkehr. Natürlich sind solche Messen und die unvermeidlichen Partys reine Sex-Kontakt-Börsen. Wer glaubt, dass Kreative und ihr Umfeld merkwürdig gestörte, sexuell voll pervertierte, versoffene, schlampige, verdrogte Psychopathen mit Zwangsneurosen sind, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als sich neue SM Praktiken einfallen zu lassen in denen widerwärtigst verschmutze Bahnhofstoiletten und genietete Peitschen eine nicht unerhebliche Rolle spielen, liegt gar nicht so falsch. Bitte, wers mag. Schlimm nur für die kleinen verhuschten Liebesromanautoren Schnuffel, die sich plötzlich mit der 53jährigen Frau des Vertriebsleiters an der Bar wiederfinden. Wie? Sie meinen den schnuckeligen Frauenromanautorinnen Mäuschen ginge es bei der Anzahl von rammeligen Lektoren und Vertrieblern noch schlechter? Da haben Sie aber noch keine Frauenromanautorin kennen gelernt. Die, die ich kenne, haben fast alle diese glühenden Kohlen in den Augen, und ihre Sexualität ist, na sagen wir mal, gewöhnugsbedürftig. Jedenfalls hab selbst ich bei etlichen Rotweinabenden unter Frauen rote Ohren bekommen. Um die muss man sich bei solchen Veranstaltungen wirklich keine Sorgen machen.

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