Während der kläglichen Niederlage der NY Yankees hatte ich genügend Zeit noch mal über das Thema Eifersucht nach zu denken.
Ich war früher rasend eifersüchtig. Mein erster Freund musste nur mal eine Stunde zu spät kommen, oder eine Verabredung absagen. Schon malte ich mir in den schönsten Farben aus, was und vor allem mit wem er gerade seine Zeit vertrieb. Das änderte sich auch nicht bei den nächsten Freunden. Immer wurde ich gequält von dem Gedanken, dass der Kerl sich gerade eine andere aussuchen würde, dass er mit einer anderen im Bett liegt. Ich kontrollierte Hosentaschen, Mäntel, Kondombestände, machte Kontrollanrufe, schaute unangemeldet vorbei und ließ auch sonst nichts aus, um mich völlig zu entblöden. Irgendwann war ich mit meinen Nerven am Ende und die Freunde auch, die sich schnell wieder verabschiedeten.
Geheilt wurde ich dann per Rosskur, als ich meinen damaligen Partner in flagranti ertappte. Klassische Szene. Ich hatte einen Schlüssel für seine Wohnung, komm rein, und sehe die beiden, die mich natürlich nicht bemerkt hatten, sich fröhlich verlustieren. Der gleichzeitig einsetzende Schrei- und Heulkrampf trennte die beiden allerdings schneller, als es ein Eimer kaltes Wasser getan hätte.
Natürlich hab ich mich sofort von ihm getrennt. Ich war zu tiefst verletzt, hatte klaftertiefe Risse in meiner Seele und war paralysiert. Wie konnte er nur... etc.
Komischerweise wurde ich aber nicht zu einem kleinen ängstlichen Häschen. Im Rückblick wäre das logisch gewesen. Aber der Eimer Wasser war über mich ausgeschüttet worden, und ich wurde langsam wach. Ich begriff, dass ich nichts ändern kann. Ich begriff, dass man niemanden einsperren kann, dass man niemanden zwingen kann, und dass die Worte "Ich liebe Dich" für etwas anderes stehen, als für ewige körperliche Treue.
Irgendwann weinte ich nicht mehr aus Eifersucht, sondern wenn mir Liebe entzogen wurde. Ich hab gelernt das zu trennen. Einerseits die großartige Liebe zu einem Menschen, andererseits der Sex. Sicher, beides zusammen ist wundervoll. Aber mal ernsthaft: Wenn man über Jahre hinweg zusammen ist, dann trennen sich die beiden Dinge. Wieviele Bekannte höre ich jammern, dass nach fünf oder sieben Jahren ihrer Beziehung, die Fenster öfter geputzt werden, als die beiden Sex haben. Oder dass es langweilig geworden ist, weil es immer, immer wieder den gleichen Ablauf gibt.
Wundert mich nicht. Es ist schön, wenn man die Griffe und Varianten des Partners kennt und sich auch mal auf genau so das freut, aber auf Dauer denkt frau sich dann auch gerne mal "Nicht schon wieder die Nummer".
Letzlich bemerkte ich eine totale Absenz von Eifersucht. Mein Lebengefährte kann neben mir mit einer anderen Frau knutschen. Mir egal. Ich hab ihn eh meistens dazu angestifet. Wenn sie danach Telefonnummer austauschen. Bitte schön. Wenn er sie trifft. Mach doch. Er kann so lange rumpoppen bis er blau im Gesicht ist, solange er drei Dinge beachtet:
Erstens: Kondome
Zweitens: Wiederkommen
Drittens: Sein Herz gehört mir, mir, mir.
Ich mache so Dinge meist am Anfang einer Beziehung klar und - dass ist das paradoxe - sie kommen selten zur Anwendung. Jedenfalls von ihm. Meine letzten beiden Kerle sind absolut treue Seelen. Gut, der Makler knuscht gerne rum. Aber mehr auch nicht. Er fragt höchstens, ob er sie mit nach Hause nehmen darf, was ich ihm regelmäßig verbiete. Das ist aber reiner Egoismus, denn wenn wir schon mal zu Dritt im Bett landen sollten, dann will ICH die dritte Person aussuchen. Ansonsten ist er die Treue in Person. So weit ich weiß. Ich frag da nicht nach.
Ich bin da etwas anders, wie man ja hier schon lesen konnte, und er hat da hier und da seine Probleme. Aber eins hat er schon gelernt. Ich komme immer wieder nach Hause. Ich mag nicht eifersüchtig sein, aber ich liebe ihn und ich weiß, was es bedeutet jemanden zu lieben.
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Das hier trägt, weil es authentisch ist. Deine Dialektik ist unantastbar. Du bist anders. Du bist gut darin. Du liegst richtig und verdammt scheißweit vorn. Meine Fresse, und dann bist Du auch noch eine Frau! Ich wüsste mindestens zwei Zuhälter, äh, Verleger, die das eloquenter und schmeichelhafter rüberbrächten.
Aposteriori. Shakespeare wird mir verzeihen. Die Ficks fühlen sich echt an, weil sie falsch sind. Der Makler ist falsch, weil er sich echt anfühlt. Du hast die Rasierklinge nie mehr aus der Hand gegeben. Und Du versteckst Dich hinter bewundernswert falschem Mut. Das sind mehr als genug Gründe, Dich zu lesen. Und es reicht für ein paar wirklich gute Rezensionen von Leuten, die keine Ahnung haben.
Alles Gute,
rome
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Edit:
Entschuldigen Sie das Du. Was ich eigentlich sagen wollte: Schön, dass es Sie noch gibt.
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Abgesehen davon, super schön geschrieben :-)
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Soll man sie sich abgewöhnen? Also Zeit, Schmerz und Disziplin in Anspruch nehmen, der Anpassung an Umstände halber, Umstände, die ich antreffe, die sich mir als zeitgemäße, aufgeklärte, bequeme Umstände präsentieren?
Andersherum gefragt, ist sie ein Merkmal der Persönlichkeit oder ein Nebenprodukt der eigenen Geschichte? Angeboren oder erlernt? Ist dieses Gefühl, unangenehm und peinlich wie ein Eiterpickel am Premierenabend, ein Symptom für ein persönliches Problem oder ein Zeichen von Persönlichkeit?
Vielen erscheint sie als evolutionäres Versehen, das es auszumerzen gilt, weil es für ein sehr bürgerliches und konformes Besitzrecht am Anderen steht, eine blöde konditionierte Alarmsirene, die an der Freiheit hindert. Barthes beschreibt Eifersucht so, und bleibt als Sprachbeschreiber natürlich gnadenlos an der Oberfläche hängen. Die Menschheit war nie monogam, und vielleicht ist die verschwenderische und im Kern hilflose (weil das Befürchtete immer schon passiert ist oder sowieso gar nicht stattfindet) Wut auf den Betrügenden ein revolutionärer Akt gegen die Bigotterie einer Gesellschaft, die Wasser predigt. Ein Luxus im guten Sinne.
Gut, aber das war einmal, heute leben wir unter der Despotie der Erfahrungen, die uns weiter bringen, noch ein Stück weiter, noch einen Schnitt tiefer, jede Grenze eine Herausforderung. Das Land, auf dem man steht, wird dann zwangsläufig immer weiter natürlich, das Ego immer dicker vor lauter Erfahrungen, und merkwürdigerweise wird die Fallhöhe immer geringer, man fällt ja nicht mehr ins Unbekannte. Das Unbekannnte ist der Andere, und der ist nur noch am Horizont, fast außer Sicht bei all den Geschichten, die man selber mit sich gemacht hat.
Die Eifersucht holt den andern zurück, zwingt zur Wahrnehmung, erinnert an Verlust, Angst und all das altmodische Zeugs. Als ein Symptom für geringe Schmerztoleranz ist sie angeboren, als Fokus des Selbstwertes sicher angelernt. Im Grund wie die Wahrnehmung von Schönheit, eine Mischform aus naturgegebenem und sozialen Prozessen, ein Prozess der genauso willkührlich (Unterschiede des Geschmacks, Twiggy vs. Rubens usw.) wie unumkehrbar ist, wenn einmal abgeschlossen.
Aber als Gesamtbild, wenn man ihn denn hat, diesen Schmerz, ist er doch so ein genuines Ding, er hat einen sehr genau fokussierten Herd und greift mit fester Hand direkt in die Physis. Ein geübter, sagen wir mal italienischer Eifersüchtiger übersetzt diesen Schmerz, unter Vermeidung von Selbstzweifeln, direkt in Wut und Empörung, um ihn aus der Welt zu schaffen. Er verändert die Situation, die ihn verletzt hat und ist am Ende entweder im Gefängnis oder wieder bei seiner Dame. War übrigends eine persönliche Erfahrung, die mich etwas gelehrt hat, denn ich habe eine Grenze kennengelernt, die ich dann nicht mehr überschritten habe. Habe ich wirklich etwas verloren dabei? Ja.
Eifersucht ist für mich in derselben Preisklasse wie Liebe und Lust, also ein unvermeidbares Gefühl, das wie die anderen beiden Mut und Erkenntnis einfordern kann. Sie sind nicht wirklich vermeidbar, wenn man, statt am Erfahrungsschatz herumzupusseln, wirklich berührbar bleiben will. Die bringen mich weiter auf einem Weg, der nicht unbedingt ein glamouröser sein muss. Weg der Auseinandersetzung, nicht unbedingt der action.
Hey, jetzt habe ich keine zeit mehr für einen Schlußsatz.
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